Die sozialökonomische Entwicklung und der Reformprozess in Richtung Marktwirtschaft und pluralistische Demokratie waren in der Russischen Föderation (RF) nach der Auflösung der Sowjetunion im Dezember 1991 neben beachtlichen Fortschritten auch durch krisenhafte Rückschläge so gut wie auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens gekennzeichnet, was nicht zuletzt auf den Bereich der sozialen Verhältnisse zutrifft.1 Ähnliche „Entwicklungen“ hatten in den neunziger Jahren alle Reformländer erlebt. War in den Westländern seit dem Beginn der 1990er Jahre die öffentliche Auseinandersetzung um die „soziale Demontage“ eher ein für hoch entwickelte Demokratien normaler Ausdruck des politischen Kampfes zwischen politischen Kräften, wobei dieses Schlagwort die tatsächliche Evolution nicht adäquat widerspiegelt,2 so ist diese Wortwahl in Bezug auf Russland, insbesondere in den krisenhaften Jahren 1992 bis 1998, durchaus nicht deplatziert. Der Autor ist in dem vorliegenden Artikel bestrebt, dem deutschsprachigen Leser vor Augen zu führen, wie weit sich die soziale Demontage in der RF tatsächlich erstreckte und wie ihr im Zuge der deutlichen ökonomischen Erholung seit 1999 entgegengewirkt werden konnte.
