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Verzehrprodukt / Arzneimittel

RechtsprechungÖffentliches Wirtschaftsrechtwbl 2004/289wbl 2004, 544 Heft 11 v. 16.11.2004

Das Vorliegen der subjektiven Zweckbestimmung nach § 1 Abs 1 AMG bedingt unabhängig davon, ob auch die objektive Zweckbestimmung bejaht werden kann, schon für sich allein die Einstufung eines Produktes als Arzneimittel. Aus § 1 Abs 3 Z 2 AMG folgt allerdings, dass ein Produkt, auf das die Voraussetzungen des § 3 LMG zutreffen und das nach seiner subjektiven Zweckbestimmung (nur) dazu bestimmt ist, Wirkungen iS § 1 Abs 1 Z 5 AMG zu erzielen, kein Arzneimittel ist. Hingegen kann eine Ware nicht als Verzehrprodukt beurteilt werden, wenn sie objektiv geeignet oder subjektiv dazu bestimmt ist, die in § 1 Abs 1 Z 1 bis 4 AMG genannten Wirkungen zu erfüllen. Im Zusammenhang mit der „subjektiven Zweckbestimmung“ stellt das Gesetz auf die Verkehrsauffassung ab; es ist der Gesamteindruck der Mitteilung maßgeblich. Die Auslegung des Arzneimittelbegriffs steht mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang, wobei von der mehrfach geänderten RL 65/65/EWG auszugehen ist. Der Begriff des „Arzneimittels nach Bezeichnung“ ist nach der Rsp des EuGH (30. 11. 1983, Van Bennekom, Slg 1983, 3883, Rdn 17; 21. 3. 1991, Delattre, Slg 1991, I-1487, Rdn 39 ua) schon wegen des Zwecks, die Verbraucher gegen das Inverkehrbringen von Erzeugnissen zu schützen, die keine heilenden Eigenschaften haben oder nicht die, die ihnen zugeschrieben werden, weit auszulegen. Wird ein Erzeugnis als Mittel zur Heilung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet, was nicht nur dann der Fall ist, wenn es ausdrücklich als solches „bezeichnet“ oder „empfohlen“ wird, sondern auch dann, wenn bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass dieses Erzeugnis in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsste, so handelt es sich bei diesem Erzeugnis um ein Arzneimittel „nach Bezeichnung“ iS Art 1 Nr 2 Abs 1 RL 65/65/EWG (EuGH 28. 10. 1992, Ter Voort, Slg 1992, I-5485; VwGH 26. 4. 1999, 97/10/0100). Zur Bezeichnung gehört auch die „Form“, worunter nicht nur jene des Erzeugnisses selbst (Tabletten, Pillen oder Pastillen) zu verstehen ist, sondern auch die Aufmachung, mit der möglicherweise aus geschäftspolitischen Gründen eine Ähnlichkeit des Erzeugnisses mit einem Arzneimittel angestrebt wird. Die äußere Form ist zwar nicht das allein ausschlaggebende Indiz, da anderenfalls bestimmte Nahrungsmittel erfasst würden, die herkömmlicher Weise in ähnlicher Form wie Arzneimittel aufgemacht sind, sie ist aber ein wichtiges Indiz für die Absicht des Verkäufers oder Herstellers, das Erzeugnis als Arzneimittel in den Handel zu bringen. Entscheidend ist der Gesamteindruck. Ein Erzeugnis kann als Arzneimittel nach der Bezeichnung angesehen werden, wenn es aufgrund seiner Form und seiner Aufmachung einem Arzneimittel genügend ähnelt.

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