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Sachverstand und Voreingenommenheit

EditorialGerhard JaroschRZ 2013, 53 Heft 3 v. 1.3.2013

Ist die Anklage um jeden Preis das primäre Ziel der Staatsanwälte? Erstatten Sachverständige ihre Gutachten in voraus eilendem Gehorsam, um dieses Ziel zu unterstützen? Die öffentliche Diskussion der letzten Wochen, getragen von manchen Strafverteidigern, erweckt diesen Eindruck, geht aber an der österreichischen (und kontinental-europäischen) Realität absolut vorbei. Es scheint manchmal, dass die in Hollywoodfilmen gezeigte Wirklichkeit des US-amerikanischen Systems in den Köpfen mancher Rechtsanwälte die Kenntnis vom eigenen System vernebelt hat. Rudolph Giuliani wurde zum Bürgermeister von New York gewählt, weil er als Staatsanwalt einige Mafiabosse und Wirtschaftsverbrecher erfolgreich verfolgte. Die Einstellung dieses Verfahrens wäre ein Misserfolg gewesen. Ein Freispruch schlichtweg eine Katastrophe für seine politische Karriere. Das Prinzip der Amtswegigkeit, also die Verpflichtung, jeden Verdacht aufzuklären, gibt es in den Vereinigten Staaten nicht. Das Prinzip der Objektivität gilt für amerikanische Staatsanwälte nicht in unserem, allumfassenden Sinn. Will ein Staatsanwalt in den USA Karriere machen, muss er wenig aussichtsreiche Verfahren niederschlagen ("no public interest") und aussichtsreiche Anklagen publikumswirksam zu spektakulären Verurteilungen bringen. Ohne werten zu wollen - das ist nicht unser Zugang.

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