Die Zeiten, in denen die Rechtsprechung die Angelegenheit einer geschlossenen und nationalen Gesellschaft war, sind längst vorbei. Den klassischen und (voll)souveränen Staat des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts finden wir im vereinten Europa nicht mehr. Auch die Kernbereiche staatlicher Souveränität wie etwa die Streitkräfte oder das Gesundheits- und Sozialsystem sind sozusagen europarechtlich kontaminiert. Die traditionellen und mittlerweile bereits historischen Kategorien von Staat, Souveränität und Kompetenzverteilung haben sich auf unserem Kontinent in einem relevanten Ausmaß geändert, zumal wir den Abschied vom souveränen Nationalstaat und den Übergang zum supranationalen Zusammenschluss der Staaten Europas - auf unserem Weg in die Postmoderne - schon erlebt haben. Verinnerlicht haben wir diese Tatsache beileibe noch nicht, es ist aber auch der europäische Umwandlungsprozess noch lange nicht zur Gänze abgeschlossen.