Vorbemerkung: Ich habe die Bezeichnung "Justizvollzug" gewählt, da zumeist dann, wenn von Strafvollzug die Rede ist, nicht nur der Vollzug von Freiheitsstrafen, sondern auch von Untersuchungshaft und vorbeugenden freiheitsentziehenden Maßnahmen gemeint wird. Leider handelt es sich hierbei nicht nur um eine semantische Unschärfe, sondern auch um eine Aussage über die Realität des Justizvollzugs.
Zur Situation und Einschätzung des Justizvollzugs in Österreich1)1)Dieser Vortrag wurde bei der Frühjahrstagung der Österreichischen Juristenkommission, "Selbstbestimmung und Abhängigkeit, Rechtsschutz in "besonderen Rechtsverhältnissen"" vom 25. - 27. Mai 2006 in Weißenbach am Attersee, gehalten und wird in Band 28 der Schriftenreihe der Österreichischen Juristenkommission, "Kritik und Fortschritt im Rechtsstaat" veröffentlicht.
WissenschaftWolfgang Gratz*)*)a.o.Univ.Prof. Dr.jur Wolfgang Gratz, Leiter der StrafvollzugsakademieRZ 2006, 222 Heft 10 v. 1.10.2006
Inhalt
- 1. Die präventiven Wirkungen von Freiheitsstrafen sind begrenzt.
- 2. Haftzahlen sind kriminalpolitisch gestaltbar.
- 3. New Public Management auch bei strafrechtlichen Sanktionen?
- 4. Die öffentliche Akzeptanz setzt Grenzen für Strafrechtsreformen.
- 5. Im österreichischen Strafvollzug sind Übersicherung und Unterangebot an Arbeitsmöglichkeiten die strukturell größten Probleme.
- 6. Die Überfüllung des österreichischen Justizvollzugs erhöht tendenziell dessen Verwahrcharakter.
- 7. Der österreichische Strafvollzug stellt auch unter Druck seine innovativen Potenziale unter Beweis.
- 8. Der Strafvollzug ist ein Gefangener der Gesellschaft.
- 9. Der hohe Anteil von Ausländern im Justizvollzug ist auch hausgemacht.
- 10. Kriminalpolitische Strategien und Maßnahmen gegen den Überbelag erfolgten zögerlich und defensiv.
- 11. Die Zivilgesellschaft reagiert: Die Kriminalpolitische Initiative.
- 12. Schlussfolgerung: Der Reformstau erfordert die Vision der gefängnislosen Gesellschaft.
- 13. Auch Sie können einen Beitrag zum Ruinieren des Justizvollzugs leisten!
