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Vorübergehende grenzüberschreitende Ausübung eines reglementierten Berufs

LeitsatzsammlungRPA-SlgRPA-Slg 2023/27RPA 2023, 128 Heft 2 v. 12.4.2023

Art 57 Abs 3 AEUV, Art 3 Abs 1 lit a RL 2005/36/EG , Art 5 Abs 1 RL 2005/36/EG , Art 5 Abs 2 RL 2005/36/EG

BVwG, 14.09.2021, W187 2243810-2/37E

3.3.2.8 Die Definition des Begriffs „reglementierter Beruf“ fällt unter das Gemeinschaftsrecht (EuGH 17. 12. 2009, C-586/8, Angelo Rubino, Rn 23). Dabei handelt es sich gemäß Art 3 Abs 1 lit a RL 2005/36/EG um einen Beruf, dessen Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten der Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist Die erste Voraussetzung ist die Aufnahme des Gewerbes als Sachverständiger nach der dGewO. Dazu muss sich der Unternehmer gegenüber der Gewerbebehörde Fachkenntnis auf dem jeweiligen Gebiet und die übrigen Voraussetzungen für die Aufnahme eines Gewerbes nachweisen. Danach kann sie um Aufnahme in die Liste der Prüfer bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister als Sachverständiger ansuchen, wofür die Ausübung des Berufs als Sachverständiger Voraussetzung ist. Daher ist die Tätigkeit als Sachverständiger an eine bestimmte Berufsqualifikation gebunden. Der einzelne Auftrag an einen Sachverständigen ist eine Dienstleistung iSd Art 57 AEUV (EuGH 17. 3. 2011, C-372/09 und C-373/09 , Josep Peñarroja Fa, Rn 40). Art 57 Abs 3 AEUV sieht für den Fall vor, dass sich ein Dienstleister in einen anderen Mitgliedsstaat begibt, dass er seine Tätigkeit dort vorübergehend ausübt (EuGH 22. 11. 2018, C-625/17 , Vorarlberger Hypothekenbank, Rn 36). Der AEUV enthält keine Vorschrift, die eine abstrakte Bestimmung der Dauer oder Häufigkeit ermöglicht, ab der die Erbringung einer Dienstleistung oder einer bestimmten Art von Dienstleistung in einem anderen Mitgliedstaat nicht mehr als eine Dienstleistung im Sinne des AEUV angesehen werden kann (EuGH 11. 12. 2003, C-215/01 , Schnitzer, Rn 30 und 31; 10. 5. 2012, C-357/10 bis C-359/10 , Duomo Gpa ua, Rn 32; 2. 9. 2021, C-502/20 , Institut des Experts en Automobiles, Rn 35). Die Erbringung einer Dienstleistung in Ausübung der Dienstleistungsfreiheit erfolgt gemäß Art 5 Abs 2 RL 2005/36/EG vorübergehend und gelegentlich. Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (Stolzlechner/Müller/Seider/Vogelsang/Höllbacher in Stolzlechner/Müller/Seider/Vogelsang/Höllbacher (Hrsg), GewO4 [2020], § 373a Rz 14). Der vorübergehende und gelegentliche Charakter der Erbringung von Dienstleistungen wird im Einzelfall beurteilt, insbesondere anhand der Dauer, der Häufigkeit, der regelmäßigen Wiederkehr und der Kontinuität der Dienstleistung. Die gegenständliche Ausschreibung verlangt, dass der Auftragnehmer die zu prüfenden Betriebe auch tatsächlich besucht. Damit ist es notwendig, dass ein Unternehmer, der seinen Sitz nicht in Österreich hat, den österreichischen Betrieb besucht und damit auch körperlich in Österreich die Dienstleistung erbringt. Fraglich ist daher die Häufigkeit. Als Maßstab wird gelegentlich die Höchstdauer für das grenzüberschreitende Erbringen von Dienstleistungen durch Unternehmer in der Schweiz angesehen, die 90 Tage pro Jahr beträgt (Grabler/Stolzlechner/Wendl/Müller/Seider/Vogelsang/Höllbacher (Hrsg), GewO4 [2020], § 373a Rz 14). Nach der Ausschreibung wird der Rahmenvertrag für die Dauer von drei Jahren abgeschlossen. Damit kann nicht mehr von einer bloß vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen in Österreich gesprochen werden, weil dieser Zeitraum vorhersehbar und für ein Projekt angedacht ist. Anders als in Deutschland, wo die Antragstellerin im Auftrag von Unternehmen prüft, sieht der ausgeschriebene Rahmenvertrag Prüfungen im Auftrag der Auftraggeberin vor, die 80 % der Menge der hergestellten Verpackungen umfassen. Auch wenn die Auftraggeberin beabsichtigt, den Rahmenvertrag mit drei Prüfern abzuschließen, bleibt für die Antragstellerin eine vorsehbare umfangreiche Prüfungstätigkeit, die das Ausmaß der bloß gelegentlichen Erbringung der Dienstleistung übersteigt. Ebenso wenig ist damit die Erbringung der Dienstleistung vorübergehend. Damit kann sich die Antragstellerin nicht auf die in Art 5 Abs 1 RL 2005/36/EG ausgestaltete Dienstleistungsfreiheit berufen, weil sie das in Art 5 Abs 2 RL 2005/36/EG vorgesehene Ausmaß überschreitet.

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