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Die Liebhabereibeurteilung im Lichte der neuesten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes*)

SteuerrechtKarl ZepitschRdW 1996, 439 Heft 9 v. 15.9.1996

1. Die bisherige Verwaltungspraxis und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Liebhaberei, gemessen am Maßstab des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit

Mit seinem Erkenntnis vom 7. 3. 1995, B 301/94, ÖStZB 1995, 402, das zur Frage des Vorliegens einer Einkunftsquelle bei einer Hotelvermietung ergangen ist, hat der Verfassungsgerichtshof wesentliche Elemente der einkommensteuerlichen Liebhabereibeurteilung durch Verwaltungsgerichtshof und -praxis als dem Gleichheitssatz widersprechend angesehen1)1)Zu diesem Erkenntnis bereits ausführlich Zorn, Schafft VfGH Paradies für Verlustmodelle?, ÖStZ 1995, 245 ff; derselbe, VfGH prüfte bisherige Liebhabereipraxis, SWK 1995, A 417 ff; W. D., VfGH zur Liebhaberei: bisherige Verwaltungspraxis und Rechtsprechung des VwGH verfassungswidrig - Auswirkungen auf die Liebhabereiverordnung, RdW 1995, 273 ff; Baldauf, „Korrektur“ der Rechtsprechung des VwGH, SWK 1995, A 399 ff; Elsner, Vertikaler Verlustausgleich bei Liebhaberei?, ÖStZ 1995, 439 ff; Lattner, Liebhaberei: BMF behält bisherige Linie bei, RdW 1996, 31 ff (unter wörtlicher Wiedergabe des BMF-Erlasses vom 27. 11. 1995, GZ 14.0661/1-VI/14/95 [„Ergänzungen zur Liebhabereibeurteilung nach der Rechtsprechung des VfGH und des VwGH“]; Lenneis, Wechsel von Liebhaberei zur Einkunftsquelle und Änderung der Bewirtschaftungsart, RdW 1996, 84 ff.. Wegen dieser Divergenz in der Rechtsprechung der Höchstgerichte und der damit verbundenen Problematik2)2)Einerseits ist die beim Verwaltungsgerichtshof bel Beh gem § 63 Abs 1 VwGG verpflichtet, den der Rechtsanschauung dieses Gerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, andererseits ist der Verfassungsgerichtshof nicht gehindert, Bedenken gegen das angewendete Gesetz aufzugreifen oder die Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung wahrzunehmen (Erkenntnisse vom 22. 3. 1979, B 233, 318, 477, 518/78 und vom 13. 3. 1980, B 489/78, und die seither bestehende ständige Rechtsprechung), womit die Grenzen seiner Bindung an die Rechtsansicht des VwGH zum Ausdruck kommen., aber auch wegen des Umstandes, dass das genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zur Liebhaberei zahlreiche Fragen offen gelassen hat3)3)Welche Zeitspanne umfasst der vom VfGH akzentuierte „vertretbare“ Kalkulationszeitraum? In welcher Relation steht er zum „üblichen“ Kalkulationszeitraum bei Mietgebäuden (§ 2 Abs 3 L-VO) und zum „überschaubaren“ Zeitraum (§ 2 Abs 4 L-VO) für Betätigungen mit Liebhabereivermutung (W. D., 273 f; Zorn, ÖStZ 1995, 246; Lattner, 32)? Ist es überhaupt noch zulässig, bei Mietgebäuden und bei Eigentumswohnungen einen unterschiedlichen Kalkulationszeitraum anzunehmen (W. D., 275; Zorn, ÖStZ 1995, 246)? Ist im Fall einer Änderung der Bewirtschaftungsart in der Zeit vor der Änderung nur jener Teil des Aufwandes einkommensmindernd zu berücksichtigen, der nach Vornahme der Änderung „wirksam bleibt“ bzw nach Vornahme der Änderung „für den nun zu erwartenden Gesamtüberschuss noch von Einfluss bleibt“? Welche Aufwendungen aber hat der Verfassungsgerichtshof mit dieser Diktion überhaupt im Auge (dazu ausführlich Zorn, ÖStZ 1995, 248; Lenneis, 86)?, zumal es zwar zur Rechtslage vor Erlassung der Liebhabereiverordnungen ergangen ist, jedoch auch Schlüsse für die derzeit geltende Rechtslage zulässt4)4)Zorn, ÖStZ 1995, 245; Lenneis, 84., war die Reaktion des Verwaltungsgerichthofes auf die Judikatur der Verfassungsrichter absehbar: In seinem Erkenntnis vom 3. 7. 1996, 93/13/0171, hat der VwGH zur Rechtsfrage, welche Anforderungen an eine Betätigung zu stellen sind, damit ihre wirtschaftlichen Ergebnisse als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iSd§ 2 Abs 3 Z 6 EStG beurteilt werden können, in sehr ausführlicher Weise Stellung genommen; insbesondere ist er zur Ansicht gelangt, dass seine bisherige Rechtsprechung zu dieser Thematik nicht einheitlich erfolgt sei. Im weiteren weicht die gem § 13 Abs 1 Z 2 VwGG in einem verstärkten Senat ergangene Entscheidung von den bisherigen Beurteilungsgrundsätzen des Höchstgerichtes betreffend die Frage des Vorliegens von Liebhaberei bei Vermietung ab. Wegen der entscheidenden Bedeutung dieses Erkenntnisses sollen nun seine Kernaussagen dargestellt und, vor allem in Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis, analysiert werden.

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