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Der Franchisevertrag

WirtschaftsrechtHansjörg SchlemmerRdW 1984, 298 Heft 10 v. 1.10.1984

I. Begriff

Nach Leasing und Factoring hat ein weiterer Vertrag amerikanischer Provenienz in Europa Fuß gefaßt, der Franchisevertrag1)1)Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen einige Unternehmen aufgezählt werden, die mit Franchising arbeiten: Sheraton, Hilton, Hertz, Avis, Volkswagen, Ciro, Rodier, Bleyle, Phildar, Pronuptia, Berlitz, Foto-Quelle, Quick-Schuhe, Stadlbauer, Mister Minit, Coca Cola, Nordsee, Wimpy, McDonald's (dazu Die Presse v. 23. 12. 1983, 12), Wienerwald (zur jetzigen Lage The Economist v. 5. 3. 1983, 77 f: „Only Wienerwald's core, its franchises in West Germany and Austria will remain.“); viele dieser Franchisegeber verfügen jedoch auch über eigene Filialen.. Dieses besondere Verfahren des Waren- bzw Dienstleistungsvertriebs hat einen wahren „Franchise Boom“ in den USA ausgelöst, wo ca ein Drittel des gesamten Einzelhandelsumsatzes über Franchising abgewickelt wird. Auf Grund der in der Praxis auftretenden vielfältigen Erscheinungsformen des Franchising ist es schwierig, induktiv eine überzeugende Begriffsbestimmung zu finden. Das deutsche Bundesarbeitsgericht definiert Franchising wie folgt2)2)BAG BB 1979, 325 ff (326).: „In seiner verkehrstypischen Ausgestaltung wird durch den Abschluß eines Franchise-Vertrages ein Dauerschuldverhältnis zwischen dem Franchise-Nehmer und dem Franchise-Geber begründet, durch das der Franchise-Geber dem Franchise-Nehmer gegen Entgelt das Recht einräumt, bestimmte Waren und/oder Dienstleistungen unter Verwendung von Name, Marke, Ausstattung usw sowie der gewerblichen und technischen Erfahrungen des Franchise-Gebers und unter Beachtung des von diesem entwickelten Organisation- und Werbungssystems zu vertreiben, wobei der Franchise-Geber dem Franchise-Nehmer Beistand, Rat und Schulung in technischer und verkaufstechnischer Hinsicht gewährt und eine Kontrolle über die Geschäftstätigkeit des Franchise-Nehmers ausübt.“3)3)Vgl dazu die Umschreibung im „Europäischen Verhaltenskodex für Franchising“, der vom Europäischen Verband für Franchising und den angeschlossenen Landesverbänden im Einvernehmen mit der EG-Kommission beschlossen wurde (abgedruckt bei Skaupy, Das Franchising als zeitgerechte Vertriebsform, DB 1982, 2447); weitere Definitionen ua bei Erman-Schopp, BGB7, Rdz 33 vor § 535; Palandt-Putzo, BGB42, Einf 1 i vor § 581; Lohmann, Vertragsrecht, Bd 2, Verpflichtungsverträge (1978) Rdz 434. Für die Vertragsparteien werden auch manchmal die „Originalbezeichnungen“ Franchisor (Franchisegeber) und Franchisee (Franchisenehmer) verwendet. Charakteristisch für jedes Franchisesystem ist die straffe Organisation, die Franchisenehmer bleiben aber selbständige Unternehmer, die im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handeln. Zu ergänzen ist noch, daß Franchisegeber und Franchisenehmer durch ein dynamisches Schuldverhältnis miteinander verbunden sind, das den Franchisegeber zB verpflichtet, sein System dauernd zu verbessern und damit den jeweiligen Marktgegebenheiten anzupassen. Weiters ist Franchising eine vertikale Vertriebsmethode, dh Franchisegeber und Franchisenehmer stehen auf verschiedener Wirtschaftsstufe (Produzent/Händler, Großhändler/Einzelhändler etc).

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