Kann es sein, dass die EU die USA als der erfolgreichste kartellrechtliche Regulator kapitalistischer Volkswirtschaften ersetzt hat? Dies ist der Befund des franko-amerikanischen VWL-Professors, Preisträgers und Beraters von Behörden auf beiden Seiten des Atlantiks. Als der Absolvent der Pariser École Polytechnique (im Volksmund „l‘X“) erreichte Philippon 1999 Amerika, um dort zu promovieren und fand dort niedrigere Konsumentenpreise und nicht zuletzt eine breitere Auswahl vor als in seiner europäischen Heimat. Studierende erfreuten sich niedriger Preise bei Computerhardware, Mobilfunkabonnements und Flugreisen: drei Produktkategorien, die im Buch wiederholt auftauchen. Zu seinem Erstaunen hat sich das Verhältnis seitdem radikal zu Lasten der amerikanischen und zu Gunsten der europäischen Verbraucher verschoben, was mit der regulierenden Rolle der EU viel zu tun habe. Nach 2008 liberalisierte Frankreich seine Mobiltelefonie und zwang die etablierten Anbieter Orange, Bouygues und SFR, billigere Abonnements anzubieten, um mit Free Mobile mithalten zu können: „In three years, France went from being 15 percent more expensive than the US to being 25 percent cheaper“ (S 141). Die ganz unterschiedliche Entwicklung in den letzten zwei Jahrzenten stelle ein echtes Paradoxon dar, weshalb hier von einer „großen Wende“ bzw „großen Umkehrung“ die Rede ist. Hatten die USA bereits 1890 (Sherman Act) das moderne Kartellrecht erfunden, so seien die europäischen Anfänge zaghaft mit der Gründung der EGKS (Montanunion), EWG und EAEG (Euratom) gemacht worden, um sich erst im dritten Jahrtausend voll zu entfalten. Dann aber richtig.