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Fahrlässige Abgabenverkürzung durch Kanzleiangestellte eines Wirtschaftstreuhänders

Aktuelle VwGH-JudikaturÖStZ 1996, 302 Heft 11 v. 1.6.1996

FinStrG: § 34

Täter einer Abgabenverkürzung kann jeder sein, der unmittelbar, also durch kausales Handeln, eine Abgabenverkürzung unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht herbeiführt. Neben dem Abgabe- und Abfuhrpflichtigen kommen somit jedenfalls auch diejenigen Personen als Täter in Betracht, die die Angelegenheiten dieser Personen - sei es als steuerliche Vertreter, sei es als Auftragnehmer derselben eingebunden in den letztenendes die Interessen des Abgabengläubigers schützenden Pflichtenkreis - wahrnehmen. Dies trifft auf die Angestellte einer Wirtschaftstreuhänderkanzlei zu. Auch der Umstand, dass die von einer solchen Person verfassten Steuererklärungen noch vom Abgabepflichtigen oder vom steuerlichen Vertreter unterfertigt wurden, stellt kein rechtliches Hindernis dafür dar, die Angestellte wegen Verletzung der von ihr zu beobachtenden Sorgfalt bei Abfassung von Steuererklärungen, wodurch eine Abgabenverkürzung bewirkt wurde, als Nebentäter eines Fahrlässigkeitsdeliktes zu bestrafen. Ob nämlich einem Dritten auch Fahrlässigkeit zur Last fällt, ist nicht entscheidend. Allerdings kommt auch der Angestellten eines Wirtschaftstreuhänders die Vorschrift des § 34 Abs 3 FinStrG zugute, wonach ein Notar, ein Rechtsanwalt oder ein Wirtschaftstreuhänder, der sich in Ausübung seines Berufes bei der Vertretung oder Beratung in Abgabensachen einer fahrlässigen Abgabenverkürzung schuldig macht, nur dann strafbar ist, wenn ihn ein schweres Verschulden trifft. Diese Bestimmung soll nach ihrer Intention einer besonderen „Gefahrengeneigtheit“ der rechtsberatenden Berufe Rechnung tragen. Schon der unter dem Gesichtspunkt der verfassungskonformen Interpretation gebotene Größenschluss zwingt zu der Annahme, dass Personen, deren sich die genannten Rechtsberater als Erfüllungsgehilfen in Ausübung ihres Berufes bei der Vertretung oder Beratung in Abgabensachen bedienen, nicht in höherem Maße als die Rechtsberater selbst einzustehen haben, sohin also ebenfalls nur bei schwerem Verschulden.

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