vorheriges Dokument
nächstes Dokument

Gesetzesbindung in der Privatwirtschaftsverwaltung von Gebietskörperschaften

Evidenzblatt-LeitsätzeJudikaturEckart RatzÖJZ 2020/102ÖJZ 2020, 623 Heft 13 v. 2.7.2020

Nach stRsp sowie hL kann der Vermögensschaden nicht nur in einer Verminderung der Aktiven oder in einem Gewinnentgang, sondern auch in einer Vermehrung der Passiven - also im Hinzutreten einer Verbindlichkeit - bestehen. Ein Sonderfall des Eingehens einer Verbindlichkeit ist der Erwerb eines Vermögensgegenstands mit negativem Marktwert. Übernimmt ein Machthaber einen negativ bewerteten Vermögensgegenstand (missbräuchlich) in das Vermögen des Vertretenen, ist damit der Vermögensschaden eingetreten. Der Ansatz, bei sogenannten Swapgeschäften zur Beurteilung eines allfälligen Vermögensschadens den Ablauf der Vertragsdauer abzuwarten, geht daran vorbei, dass nachträgliche finanzielle Entwicklungen bei der Beurteilung des Schadenseintritts iSd § 153 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Unanfechtbarkeit oder endgültige rechtliche Wirkung einer Vfg ist keine Voraussetzung für das Vorliegen von Untreue. Selbst wenn die Vertragsübernahme zivilrechtlich ex tunc nichtig wäre, ist sie nicht per se unwirksam, sondern nur anfechtbar, das Tatbestandsmerkmal des Handelns im Rahmen einer rechtlichen Verfügungs- oder Verpflichtungsmacht im Tatzeitpunkt damit erfüllt. Entspricht es den Gepflogenheiten, dass bei der Übertragung von Zins-Swap-Geschäften die übertragende Partei an die übernehmende Partei einen Ausgleichsbetrag in der Höhe des negativen Werts des zu übertragenden Derivats oder Portfolios leistet, so bewirkt das Nichtverlangen eines solchen Ausgleichsbetrags die Schädigung des Vertretenen am Vermögen in dieser Höhe. Nach dem Grundsatz der Gesamtsaldierung und Schadenskompensation können nur unmittelbare Vor- und Nachteile des Geschäfts ausgeglichen werden. Aufrechenbarkeit besteht demnach nur hinsichtlich eines durch die Missbrauchshandlung gleichzeitig mit dem Vermögensnachteil entstehenden Vermögensvorteils, etwa in Gestalt einer im wohlverstandenen Interesse des Machtgebers gelegenen Gegenleistung. Ein die gesamte Geschäftsführung umfassender Vorteilsausgleich findet nicht statt. Auch Machthaber juristischer Personen des öff Rechts müssen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung wie redliche und verantwortungsbewusste Kaufleute agieren und die gesamte Geschäftstätigkeit so ausüben, dass sie den größten Nutzen für die von ihnen vertretene Gebietskörperschaft hervorbringt. Dass die Privatrechtsfähigkeit des Landes im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung begrenzt sei, ist aus Art 17 B-VG nicht ableitbar.

Sie möchten den gesamten Inhalt lesen?

Melden Sie sich bei Lexis 360® an.
Anmelden

Sie haben noch keinen Zugang?
Testen Sie Lexis 360® zwei Wochen kostenlos!
Jetzt testen!