Das NAG enthält in § 2 Abs 1 Z 9 NAG eine Begriffsbestimmung, wer Familienangehöriger im Sinne des Gesetzes ist. In ständiger Rechtsprechung geht der VwGH davon aus, dass unter Umständen der Begriff des Familienangehörigen von dieser Legaldefinition "abzukoppeln" ist, um ein verfassungs- bzw unionsrechtswidriges Ergebnis zu vermeiden. Der vorliegende Beitrag*) befasst sich mit der Frage, inwieweit die "Abkoppelung" zu überzeugen vermag und inwieweit dadurch eine Rechtslage geschaffen werden kann, die den verfassungs- und unionsrechtlichen Anforderungen entspricht. Insbesondere die Rechtsprechung des EuGH zum Beurteilungszeitpunkt der Minderjährigkeit bei Familienzusammenführungen von Flüchtlingen stellt die Unionsrechtskonformität der innerstaatlichen Rechtslage in Frage. Der Beitrag hinterfragt den Ansatz des VwGH, in bestimmten Konstellationen das NAG statt des AsylG 2005 anzuwenden, um einen dahingehenden unionsrechtskonformen Zustand herzustellen.

