1. Zur Auslegung des Unionsrechts
1.1. Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache "Stichting Leenrecht/Vereniging Openbare Bibliotheken"1) ist in mehrfacher Hinsicht von großem Interesse2). Hervorzuheben ist zunächst das neuerliche Bekenntnis des Gerichtshofs dazu, dass das Bestreben des Europäischen Gesetzgebers, ein hohes Schutzniveau zu verankern, bei der Auslegung des Unionsrechts mit Bezug zum Urheberrecht zu berücksichtigen ist. Auffallend deutlich hebt das Urteil hervor, dass grundsätzlich auch die Absicht des historischen Gesetzgebers bei der Auslegung zu berücksichtigen ist (sog historische Auslegung). Im konkretem Zusammenhang, nämlich in Bezug auf die Auslegung des Begriffs des Verleihens, wie er in der Vermiet- und Verleih-RL verankert ist, meint das Höchstgericht allerdings, dass die Absicht des historischen Gesetzgebers im Text der Richtlinie nicht hinreichend angelegt ist, woraus abzulesen ist, dass der EuGH hierin eine Voraussetzung für die Berücksichtigung der sog Gesetzesmaterialien sieht3). Auch hätte es sich, so fügt der EuGH hinzu, im gegebenen Zusammenhang nur um Aussagen betreffend eine bestimmte Werkkategorie (Filmwerke) gehandelt, die nicht verallgemeinert werden könne.