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Der Briefschutz nach § 77 UrhG - neu interpretiert

PersönlichkeitsschutzRA Dr. Clemens Thiele, LL.M. Tax (GGU)Medien und Recht 2011, 262 Heft 5 v. 16.11.2011

Der in § 77 UrhG1)1)§ 77 UrhG lautet wie folgt:
"Briefschutz.
(1) Briefe, Tagebücher und ähnliche vertrauliche Aufzeichnungen dürfen weder öffentlich vorgelesen noch auf eine andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Verfassers oder, falls er gestorben ist, ohne die Veröffentlichung gestattet oder angeordnet zu haben, eines nahen Angehörigen verletzt würden.
(2) Nahe Angehörige im Sinn des Abs. 1 sind die Verwandten in auf- und absteigender Linie sowie der überlebende Ehegatte oder Lebensgefährte. Die mit dem Verfasser im ersten Grade Verwandten und der überlebende Ehegatte oder Lebensgefährte genießen diesen Schutz Zeit ihres Lebens, andere Angehörige nur, wenn seit dem Ablauf des Todesjahres des Verfassers zehn Jahre noch nicht verstrichen sind.
(3) Briefe dürfen auch dann nicht auf die im Absatz 1 bezeichnete Art verbreitet werden, wenn hiedurch berechtigte Interessen dessen, an den der Brief gerichtet ist, oder, falls er gestorben ist, ohne die Veröffentlichung gestattet oder angeordnet zu haben, eines nahen Angehörigen verletzt würden. Absatz 2 gilt entsprechend.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten ohne Rücksicht darauf, ob die im Absatz 1 bezeichneten Schriften den urheberrechtlichen Schutz dieses Gesetzes genießen oder nicht. Die Anwendung urheberrechtlicher Bestimmungen auf solche Schriften bleibt unberührt.
(5) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Schriften, die, wenngleich nicht ausschließlich, zum amtlichen Gebrauch verfaßt worden sind.
(6) Die Vorschriften des § 41 gelten entsprechend."
verbürgte Briefschutz geht über das bloße Recht an selbst verfassten Briefen hinaus und ist - ähnlich dem Recht auf Leben, Freiheit, körperliche Unversehrtheit, Ehre oder der Achtung der Privatsphäre - ein Fall des besonderen Persönlichkeitsrechts, bei dem das übliche Zusammenspiel von Tatbestand und Rechtswidrigkeit zur Geltung kommt. Nachdem der Briefschutz seit 1936 - zumindest in der Judikatur - ein Schattendasein geführt hat1a)1a)So nennt Dittrich (Hg), Österreichisches und Internationales Urheberrecht5 (2007) zu § 77 UrhG nur vier Entscheidungen, davon lediglich zwei höchstrichterlicher Art., wurde er durch die Entscheidung des OGH 4 Ob 3/11m - Der Deal2)2)jusIT 2011/61, 131 (Thiele) = Zak 2011/344, 182 - Der Deal = MR 2011, 127 - Komplettes Tagebuch. als praktisch wesentlicher Teil des Persönlichkeitsrechts "wiederentdeckt" und fortentwickelt. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die Auswirkungen der Entscheidung und versucht eine erste dogmatische Einordnung in den Zusammenhang des Persönlichkeitsschutzes, auch unter Berücksichtigung der neuen elektronischen Kommunikationsmittel.

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