Bereits im Jahr 2005 hat das juridikum dem Thema der öffentlichen Dienstleistungen einen Schwerpunkt gewidmet.1 Schon damals umschrieb Stephen Gill in seinem Beitrag einen Prozess der globalen Restrukturierung öffentlicher Dienstleistungen im Sinne eines „neuen Konstitutionalismus“.2 Das dort umrissene Projekt, eine „neoliberal-disziplinierende“ Gesellschaftsordnung zu konstitutionalisieren, hat im Zuge der Krise 2008ff noch schärfere Konturen angenommen. Das mittlerweile geflügelte Wort von der „marktkonformen Demokratie“ verdeutlicht nicht zuletzt die fortgesetzte Wirkmächtigkeit der Versuche, den Handlungsradius sozialstaatlicher Politiken in ein Korsett aus rechtlichen und ökonomischen Rahmenvorgaben zu zwängen. Damit finden auch Auseinandersetzungen zur Zukunft öffentlicher Dienstleistungen in einem neoliberal durchwachsenen Konfliktfeld statt: Dieses lässt sich zum einen durch den Widerstreit zwischen einer ordnungspolitischen Orientierung auf Sozial- versus Wettbewerbsstaatlichkeit dimensionieren, zum anderen finden diese Auseinandersetzungen entlang fortlaufender „boundary adjustments“ der Kompetenzverteilungen zwischen unterschiedlichen räumlichen Ebenen statt (wie zB im Rahmen der EU und des Welthandelsregimes). Dabei zeigt sich eine wiederkehrende Dynamik zwischen immer weiter reichenden Liberalisierungsprojekten, ihrer teilweisen Abschwächung nach Protest und ihrer neuerlichen Aufnahme. Diese beharrliche Dynamik zugunsten „neu konstitutionalistisch“ privilegierter Interessen an marktschaffenden Maßnahmen, verschärfter Wettbewerbsregulierung und verstärktem Privatisierungsdruck ist auch bei der Einordnung von vergleichsweise erfolgreicheren Protesten – wie etwa gegen die bereits im juridikum 2/2005 adressierten radikalisierten Liberalisierungsziele des WTO-Dienstleistungsabkommens GATS oder die EU-Dienstleistungsrichtlinie – im Blick zu behalten.