Die Diskussion um den Sachverständigenbeweis im Strafprozess kommt nicht zur Ruhe1). Einen wesentlichen Anteil daran hat der OGH, der zur Verfassungskonformität der rechtlichen Ausgestaltung dieses Beweismittels in der StPO bisher nicht Stellung genommen hat, obwohl er mehrfach dazu Gelegenheit hatte. Verunsichert ist vor allem die Verteidigung. Zu Recht. Legt das Tatgericht ein Gutachten seinen entscheidenden (verurteilenden) Tatsachenfeststellungen zugrunde, das in der Hauptverhandlung jene Person erstattet hat, die die Anklagebehörde in ihren Ermittlungen (in komplexen Wirtschaftsstrafverfahren monate- oder gar jahrelang) unterstützt hat, bedient es sich de facto und de jure einer Zeugin der Anklage. Die Staatsanwaltschaft wird nach Erhebung der Anklage zur Verfahrensbeteiligten und führt als solche das Gutachten in die Hauptverhandlung ein. Der beschuldigten Person, die ebenfalls Verfahrensbeteiligte ist, gesteht die StPO kein vergleichbares Recht zu. Der Waffengleichheit ist trotz der Möglichkeit der beschuldigten Person, Sachverständige abzulehnen oder sie in der Hauptverhandlung mithilfe einer "Personen mit besonderem Fachwissen" zu befragen, nicht Genüge getan, was auch der OGH als Vollversammlung in seinem Tätigkeitsbericht im Jahre 2011 zum Ausdruck gebracht hat. Zur Veranschaulichung im Wortlaut2):