1. Einleitung
Die Bestellung von Sachverständigen erfolgt im Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft. Im Falle einer Anklage werden dieselben Sachverständigen meist vom Richter auch für das Hauptverfahren bestellt. Diese mit den Regeln der StPO vereinbare Praxis ist in Österreich in den Blickpunkt der Diskussion geraten. Sogar der Präsident des Obersten Gerichtshofs Eckart Ratz hat in einem unlängst erschienen Beitrag diese Praxis der Sachverständigenbestellung als "Beispiel für ein Grundrechtsdefizit im Strafverfahren" genannt1): Dass der Ankläger den Sachverständigen im Ermittlungsverfahren bestimmt und führt, der Beschuldigte zwar gegen die Person des Sachverständigen Einwendungen erheben kann, aber mit dem bloßen Hinweis auf die "ständige Geschäftsbeziehung" zwischen Staatsanwaltschaft und Gutachter "kaum erfolgversprechend", und auch im Hauptverfahren der Angeklagte den Sachverständigen nicht bloß mit der Begründung ablehnen könne, dass dieser bereits im Ermittlungsverfahren tätig gewesen ist, sei "mit Blick (auf) Art 6 Abs 3 lit d EMRK, also das Verteidigungsrecht, die Ladung und Vernehmung der Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen wie die der Belastungszeugen zu erwirken, nicht hinzunehmen"2). Nach dieser klaren Aussage schien der Weg in Richtung eines Gesetzesprüfungsantrags an den VfGH durch den OGH nur mehr eine Frage der Zeit zu sein. Alles wartete auf den Anlassfall. In diversen Fachzirkeln wurde diskutiert, wie ein Antrag auf Ablehnung eines Sachverständigen in der Hauptverhandlung formuliert werden müsse, um den OGH gleichsam zu einer Auseinandersetzung mit dieser Grundrechtsfrage zu bewegen. Die Verteidiger wurden von verschiedenster Seite gleichsam "gebrieft", um dem OGH den "Ball entsprechend aufzuspielen".