Abstract: Sprache ist ein zentrales Element nationaler Identität. Im Ringen um Sprache(n) offenbart sich ein Spannungsfeld zwischen nationaler Einheit und Vielfalt, sichtbar im Verhältnis der Sprache(n) des Rechts und dem Recht der Sprache(n) – von Staatssprache und Sprachenrechten. Dieses Verhältnis beleuchtet der vorliegende Beitrag in seiner historischen Entwicklung in Österreich und im europäischen Mehrebenensystem, um eine Neuinterpretation von Bestimmungen zum Schutz nationaler Identitäten und sprachlich-kultureller Vielfalt vorzuschlagen und ungenutzte Potenziale im Sprachenrecht auszuschöpfen, am Beispiel von Art 19 StGG, Art 8 Abs 2 B-VG, Art 22 GRC, oder Art 2 1. ZP iVm Art 14 EMRK. Es zeigt sich: Im Schutz von Minderheiten ist ein Schutz der Sprachen angelegt; der Schutz von Vielfalt umfasst die nationale, aber auch die innere Vielfalt. In der höchstgerichtlichen Rechtsprechung bleibt diese zweifache Zielsetzung unterbeleuchtet in der Balancierung zwischen der Förderung von Staatsprachen und Sprachenrechten. Gewinnen lässt sich aus der mehrdimensionalen Analyse des Verhältnisses der Sprache des Rechts zu Sprachenrechten die Perspektive auf den Schutz von Sprachen als Ressource der Gesamtgesellschaft – in Anerkennung der in den untersuchten Normen angelegten Doppelfunktionalität: im Schutz nationaler Identität(en) und Sprache(n).

