A. Ausgangssituation
§ 303 StGB ist nicht oft Gegenstand höchstgerichtlicher Judikatur. Das vorliegende Judikat ist deshalb von besonderem Interesse, weil der OGH damit den bislang im Schrifttum herrschenden Meinungsstreit darüber entschieden hat, wann ein anderer durch eine gesetzwidrige Beeinträchtigung oder Entziehung der persönlichen Freiheit oder durch eine gesetzwidrige Hausdurchsuchung iS des § 303 StGB geschädigt wird. Diesbezüglich werden drei Ansichten vertreten: Die erste, und letztlich auch vom OGH favorisierte, Auslegung bejaht einen Schaden nur dann, wenn die materiellen Voraussetzungen für die Hausdurchsuchung oder Freiheitsentziehung im Zeitpunkt ihrer Vornahme nicht vorlagen (in diesem Sinn Bertel, WK StGB2 [2010] § 303 Rz 2; Aichinger in Leukauf/Steininger, StGB4 [2016] § 303 Rz 4; Mayerhofer, Das österreichische Strafrecht – Erster Teil – Strafgesetzbuch6 [2009] § 303 Anm 3; Bertel/Schwaighofer, Österreichisches Strafrecht Besonderer Teil II12 [2016] § 303 Rz 1). Fragen der prozessordnungsgemäßen Durchführung bleiben hierbei generell außer Betracht. Die zweite (und offenbar auch von der Generalprokuratur im gegenständlichen Verfahren vertretene) Auslegungsvariante sieht einen Schaden in jeder auch bloß gegen das Prozessrecht verstoßenden Weise durchgeführten Freiheitsentziehung oder Hausdurchsuchung; der Grundrechtseingriff könne nur bei Beachtung aller verfahrensrechtlichen Vorschriften rechtmäßig erfolgen, weshalb jede rechtswidrige Durchführung nach dieser Ansicht gleichzeitig zu einer tatbestandsmäßigen Schädigung führt (so Helmreich, Recht auf Widerstand?, ÖJZ 2006, 13 [19]; Hinterhofer/Rosbaud, Strafrecht Besonderer Teil II6 [2016] § 303 Rz 7; Premissl, § 303 StGB – Ein Schattendasein im System des österreichischen Grundrechtsschutzes, JSt 2005, 181 [187]; St. Seiler, § 303 StGB, eine Bestimmung ohne praktische Bestimmung?, ÖJZ 1995, 87 [92]; wohl auch Zagler, SbgK StGB [2004] § 303 Rz 25 f). Die dritte Auslegungsvariante geht einen Mittelweg, orientiert sich dabei an den verfassungsrechtlichen Schutzgesetzen zur Hausdurchsuchung sowie zum Schutz der persönlichen Freiheit und lässt bestimmte Verstöße gegen das Prozessrecht beim Grundrechtseingriff für eine Tatbestandsvollendung ausreichen (vgl im Ergebnis Winkler, SbgK StGB [2016] § 303 Rz 63 ff; nicht ganz eindeutig, aber jetzt gleichfalls wohl in diese Richtung Hinterhofer/Rosbaud, BT II6 § 303 Rz 7).