20. 3. 2012, 16:30 Uhr
Österreichische Akademie der Wissenschaften Dr. Ignaz Seipel-Platz 2, 1010 Wien
In jüngster Zeit haben mehrere Ereignisse die Frage des Redaktionsgeheimnisses auf die Tagesordnung nicht nur der Gerichte, sondern auch der Öffentlichkeit gesetzt. Das ist gut so. Denn trotz einer richtungweisenden Entscheidung des OGH gibt es eine Reihe nicht genügend geklärter Problembereiche. Diese beginnen bei der grundsätzlichen Frage, worauf sich der Schutz des Redaktionsgeheimnisses überhaupt bezieht und wann ein Geschehen "öffentlich wahrnehmbar" ist. Dazu kommen das - in einer Informationsgesellschaft und angesichts digitaler Kommunikationswege neu zu definierende - Verhältnis zum Amtsgeheimnis und die gerade damit verbundene Möglichkeit, die Geltung des Redaktionsgeheimnisses zu umgehen, indem Journalisten als Beschuldigte vernommen werden. Wie so oft im Medienbereich geht es um die heikle Balance zwischen dem demokratischen Grundrecht der Presse- und Informationsfreiheit, dem Schutz der Persönlichkeitsrechte und den Ermittlungsinteressen des Staates, Straftaten aufzuklären - diese Balance zu finden und in einer zunehmend vernetzten Welt auf supranationaler Ebene, also zumindest auf der Ebene der Europäischen Union zu regeln, ist dringend geboten.