A. In der vorliegenden Entscheidung musste sich der OGH erstmals mit der Frage auseinandersetzen, aus welchen Gründen der Arzt berechtigt oder gar verpflichtet ist, die lebenserhaltende Behandlung bei einem multimorbiden, irreversibel einwilligungsunfähigen Patienten, dessen Leben sich dem Ende zuneigt, einzustellen, so dass dieser Patient in Würde sterben kann (sog passive Sterbehilfe)1). Diese Frage ist in Österreich ebenso heftig umstritten wie in Deutschland und in anderen Ländern2). Zudem erscheint der Fall, den der OGH entscheiden musste, geradezu paradigmatisch3): Der Patient ist nicht oder kaum mehr kognitiv und muss künstlich ernährt werden, eine Verbesserung seines Zustandes kann ausgeschlossen werden; eine Patientenverfügung liegt dem Arzt nicht vor. Darf der Arzt unter diesen Umständen die Behandlung einstellen und den Patienten sterben lassen? Zwar wird der Arzt schon durch die faktische Aufnahme der Behandlung zum Garanten für Gesundheit und Leben seines Patienten (§ 2 StGB)4), allerdings bedeutet das nicht, dass ein Behandlungsabbruch immer erst dann in die Kategorie des rechtlich Erlaubten fällt, wenn es dem Arzt aus faktischen Gründen nicht mehr möglich ist, etwas zur Lebenserhaltung beizutragen.