Mit der Einführung der Geldbußentatbestände im Kartellgesetz hat der Gesetzgeber eine neue Art von Sanktionen und ein neues Sanktionssystem geschaffen, das zu den bereits bestehenden Systemen, dem Verwaltungsstrafrecht und dem Kriminalrecht (Strafrecht und Verbandsverantwortlichkeit), hinzutritt. Der vorliegende Beitrag beurteilt das kartellrechtliche Geldbußenverfahren zunächst als strafrechtliche Anklage iSd Art 6 MRK. Davon ausgehend misst er das Bußgeldsystem am Regelungsbestand und an den Rechtsgrundsätzen des Kriminalrechts. Diese Untersuchung wird exemplarisch in den Bereichen Rechtsfolgen von Verstößen, Allgemeiner Teil des Strafrechts, Verfahrensbestimmungen und steuerliche Absetzbarkeit durchgeführt. Der Beitrag kommt zu dem Schluss, dass die Regelungen im Kartellrecht vergleichsweise rudimentär und lückenhaft sind und dass im Detail Unklarheit darüber besteht, ob und inwieweit einzelne Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechts oder des Kriminalrechts analog angewendet werden können. Es sei daher der Gesetzgeber aufgerufen, den erhöhten Anforderungen an die Ausgestaltung des materiellen wie des formellen Rechts, die sich aus der Eigenschaft der Geldbußen als strafrechtliche Anklage iSd Art 6 MRK ergeben, besser Rechnung zu tragen.