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Glosse zum Urteil des EuGH vom 7. Juli 2005 über die Zulassung ausländischer Studenten an österreichischen Hochschulen Anmerkungen zu EuGH 7. 7. 2005, Rs C-147/03, EuZW 2005, 465

KorrespondenzUniv.-Prof. Dr. Heinrich HonsellJBl 2005, 815 Heft 12 v. 2.1.2006

Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) macht gelegentlich ganz ungeniert Politik. Die vagen und abstrakten Formulierungen des EG-Vertrages scheinen das zu erlauben. Zunehmend trifft das Gericht damit leider das Falsche. Der letzte Streich ist die Entscheidung gegen die Republik Österreich in Sachen Zulassung von Ausländern zum Universitätsstudium. Das hierzu ergangene Urteil vom 7. 7. 2005 (Rs C-147/03 , abgedruckt in EuZW 2005, 465) behauptet nichts weniger, als dass die Republik Österreich ausländische Bewerber wegen ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiere, wenn sie von ihnen den Nachweis verlangt, dass sie auch in ihrem Heimatland zum Studium zugelassen würden. Diese Praxis galt jahrzehntelang als vernünftige Maßnahme gegen eine Überschwemmung mit ausländischen „Numerus clausus-Flüchtlingen“. Sie behandelt die ausländischen Bewerber gleich wie der ausländische Staat. Es kann nicht zulasten Österreichs gehen, wenn zB in Deutschland (nicht zuletzt aus berufsständischen Gründen) medizinische Ausbildungsplätze nur sehr restriktiv angeboten werden. Nach der Logik des EuGH hingegen ist es eine Diskriminierung ausländischer Bewerber und damit ein Verstoß gegen Art 12 EG-Vertrag, wenn Österreich deutsche Studenten nicht besser behandelt als Deutschland. Die mittelbare Diskriminierung soll darin liegen, dass von ausländischen Bewerbern ein zusätzlicher Nachweis verlangt wird, den österreichische nicht erbringen müssen. Das führe zu einer stärkeren Belastung ausländischer Bewerber. Diese formale Betrachtung reflektiert nicht, dass Österreich die ausländischen Bewerber genauso behandelt wie der Herkunftsstaat. Wenn man dies wirklich als „Diskriminierung“ bezeichnen will, so handelt es sich jedenfalls nicht um eine „unreasonable discrimination“. Das Urteil führt zu einer epidemischen Übertragung bildungspolitischer Defizite auf andere Mitgliedstaaten, zu einem unsinnigen race to the bottom. Sich davor zu schützen ist notwendig und vernünftig. Da der EuGH dies verbietet, ist Österreich jetzt gezwungen, auch für österreichische Studenten, zB in den Fächern Medizin und Betriebswirtschaftslehre, einen Numerus clausus einzuführen.

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