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Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und Rechtskrafterstreckung

Korrespondenza. Univ.-Prof. Dr. Paul OberhammerJBl 2000, 58 Heft 1 v. 20.1.2000

Einige Bedenken zu 1 Ob 330/981)1)JBl 2000, 34.

I. Zur Entscheidung 1 Ob 330/98f

Die vorliegende E macht angesichts der Art der Begründung ihrer prozessualen Ausführungen2)2)Den materiellrechtlichen Ausführungen zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kann durchweg zugestimmt werden; sie sind daher nicht Gegenstand der folgenden Ausführungen. ratlos: Nach hM wirkt die Rechtskraft eines Urteils - abgese- hen von den gesetzlich vorgesehenen Fällen einer Rechtskrafterstreckung auf Dritte - nur inter partes. Dies bedeutet, daß sie sich nur in Folgeprozessen zwischen denselben Parteien auswirkt, also bei Identität von Kläger und Beklagtem (wenn auch womöglich mit vertauschten Parteirollen)3)3)Vgl statt aller Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 27 vor § 390.. Soweit zu sehen ist, wird eine abweichende Auffassung hierzulande nur von Kralik vertreten, und zwar nicht erst in der in der vorliegenden Entscheidung zitierten Veröffentlichung, sondern schon in seiner Habilitationsschrift „Die Vorfrage im Verfahrensrecht“ (1953) 130 ff. Diese Mindermeinung, die nun schon bald ein halbes Jahrhundert alt ist, hat bis dato (zu Recht) keine Gefolgschaft gefunden. Nun macht sich der OGH diese Auffassung zueigen, ohne von der gegenteiligen hM überhaupt Notiz zu nehmen. Außer der Berufung auf Kralik wird dabei nur ein „Argument“ geboten: Auch die erst jüngst vom verstärkten Senat „entdeckte“ Bindungswirkung des Strafurteils führe zu einer einseitigen Bindung des Verurteilten: „Daß dem zivilgerichtlichen Urteil geringere Bindungswirkung zukommen sollte, wäre wohl nicht verständlich.“ Dazu zweierlei: Zum einen kann bei einigermaßen ehrlicher Betrachtungsweise nicht gesagt werden, daß es sich bei der Bindungswirkung des Strafurteils für den Zivilprozeß um ein prozeßdogmatisches datum handelt, von dem Rückschlüsse auf allgemeine Strukturen des Verfahrensrechts gezogen werden könnten. Die Annahme dieser Bindungswirkung ist letztlich eine Glaubensfrage, die bejahen wird, wen das Ergebnis überzeugt, und die verneinen wird, wer - wie der Verfasser - dabei im Ergebnis Unbehagen verspürt. Aus dieser ergebnisorientierten Rechtsfortbildung des verstärkten Senats nun Konsequenzen für Grundfragen des Zivilprozesses abzuleiten, ist letztlich eine reine Scheinargumentation, die eine petitio principii aus einer anderen ableitet. Zweitens stimmt auch das Argument nicht, die Rechtskraft des Zivilurteils dürfe nicht hinter jener des Strafurteils zurückbleiben. Warum soll das so sein? Die Rechtskraft des Strafurteils folgt ja aus dem Strafprozeßrecht, und die Idee, diese strafprozessuale Rechtskraft wirke auch in den Zivilprozeß hinein, folgt ja gerade daraus, daß man für die Bestimmung der Rechtskraftwirkung des Strafurteils nicht Maß an der zivilprozessualen Rechtskraftdogmatik genommen hat. Nur so konnte man ja - in wie erwähnt ergebnisbezogener Bestimmung der Rechtskraft des Strafurteils - zum Ergebnis kommen, daß hier entgegen § 228 ZPO Tatsachen (die Täterschaft) bindend festgestellt werden; und nur daraus läßt sich die einseitige Bindung des Verurteilten erklären. Im übrigen zeigt gerade die StPO in § 5 Abs 2, daß die Wirkungen des Zivilurteils durchaus geringer sein können als jene des Strafurteils.

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