I. Der Ausgangspunkt: Eine Meinungsdivergenz
Ausgehend von einer Entscheidung des OGH1) habe ich vor kurzem untersucht, ob aus Art 90 Abs 2 B-VG verfassungsrechtliche Schranken für einen Aussagezwang gegenüber Zeugen abgeleitet werden können2). Aus dieser Bestimmung3) leitet nämlich der VfGH ein Verbot ab, den Beschuldigten zum Beweisobjekt im Strafverfahren zu machen und zu einer aktiven Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung, insb zu selbstbelastenden Aussagen, zu zwingen. Dieses Gebot gelte auch für Verwaltungsstrafverfahren und auch schon vor Einleitung eines Strafverfahrens4). Zulässig seien allerdings Meldepflichten, die nach ihrer Zielrichtung nicht auf die Ermittlung eines Tatverdächtigen abzielen5). Entgegen verschiedentlicher Kritik