I. Einleitung
In einer Zeit, in der die westeuropäischen Staaten wirtschaftlich immer stärker zusammenwachsen – ich denke konkret an den bis Ende 1992 zu verwirklichenden gemeinsamen EG-Binnenmarkt1) –, stellt sich für den durch das Inkrafttreten des UN-Kaufrechts und die Umsetzung der EG-Produkthaftungsrichtlinie zusätzlich sensibilisierten Privatrechtler erneut die schon oft gestellte Frage, ob sich die nationale Zersplitterung der europäischen Privatrechtsordnung nicht, je länger desto klarer, als jedem common sense widersprechender Anachronismus2) erweisen muß. Ist es nicht, wie Gschnitzer 3) bereits 1960 in einem an der Universität Warschau gehaltenen Vortrag rhetorisch gefragt hat, endlich „an der Zeit, über das nationale Zivilrecht hinaus ein gemeinsames europäisches Zivilrecht zu schaffen“? Sollten wir also nicht, wie neuerdings der italienische Rechtsvergleicher Patti gemeint hat, auf eine „3. Generation“ europäischer Zivilgesetzbücher hinsteuern?4) Nach der Generation der großen Naturrechtskodifikationen, der zweiten etwa des BGB, des ZGB und des Codice civile, käme nun die Generation der gesamteuropäischen (genauer: der das westliche Europa umfassenden) Gesetzbücher.