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Der Begriff der öffentlichen Urkunde im Strafrecht

AufsätzeUniv.-Prof. Dr. Diethelm KienapfelJBl 1982, 505 Heft 19 und 20 v. 2.10.1982

I. Einleitung

Unter der Herrschaft des StG hatten sich sowohl das strafrechtliche Schrifttum als auch die Judikatur nahezu ausnahmslos zur Identität des strafrechtlichen und des prozessualen Begriffs der öffentlichen Urkunde bekannt, und zwar in der Weise, daß die Legaldefinition des § 292 Abs 1 1. Halbs ZPO auch für das Strafrecht als verbindlich angesehen wurde. Diese Auffassung soll im folgenden Einheitstheorie genannt werden1)1)Zur Einheitstheorie vgl etwa Altmann–Jacob, Kommentar zum österr Strafrecht I (1928) 573; Rittler, Lehrbuch des österr Strafrechts2 II (1962) 440 FN 15; Finger, Das Strafrecht3 II (1914) 591; Malaniuk, Lehrbuch des Strafrechtes II/2 (1949) 229; aus der Judikatur vgl statt vieler SSt 1/23; SSt 17/38; SSt 19/116; SSt 31/93; abweichend aber bereits SSt 14/33.. Die Frage nach der sog Akzessorietät des strafrechtlichen Begriffs der öffentlichen Urkunde kam auch bei den Beratungen der Strafgesetzkommission zur Sprache. Es wurde lange und eingehend über die Zweckmäßigkeit einer eigenen Definition der öffentlichen Urkunde im StGB diskutiert2)2)Vgl näher die Protokolle über die Arbeitssitzungen der Kommission zur Ausarbeitung eines Strafgesetzentwurfes 1958, 1390 ff.. Im Laufe dieser Beratungen hatten sich fast alle Mitglieder der Strafgesetzkommission iSd weiteren Maßgeblichkeit der ZPO für das Strafrecht ausgesprochen. Als einziger hatte sich damals Estl gegen diesen allgemeinen Trend gestemmt und davor gewarnt, „sich zu sehr durch die Bestimmungen der geltenden Zivilprozeßordnung hypnotisieren zu lassen“3)3)Vgl Estl, Prot 1958, 1394..

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