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Neue Aufgaben der Rechtsvergleichung

AufsätzeProf. Hein Kötz*)*)Professor an der Universität Hamburg, Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht. – Der folgende Text gibt den Vortrag wieder, den der Verfasser am 14.1.1982 an der Universität Salzburg auf Einladung des Kollegiums der Juristischen Fakultät gehalten hat. Die Redeform ist beibehalten, einige Fußnoten sind ergänzt worden.JBl 1982, 355 Heft 13 und 14 v. 3.7.1982

I.

Die Rechtsvergleichung hat es mit einem Sachverhalt zu tun, an den wir uns alle längst gewöhnt haben, der aber doch bei Lichte besehen etwas sehr Betrübliches, ja Peinliches an sich hat: ich meine

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die Tatsache, daß jede Rechtsordnung stets ein nationales Phänomen darstellt. Denn bekanntlich gilt nicht überall ein und dasselbe Recht, sondern es gibt ein französisches, ein schwedisches, ein brasilianisches Recht. Man spricht sogar von einer italienischen oder einer deutschen Rechtswissenschaft, obwohl doch eigentlich von einer wirklichen „Wissenschaft‘ erwartet werden sollte, daß sie Regelhaftigkeiten aufzeigt, deren Geltungsanspruch nicht schon am nächsten Grenzpfahl endet. Und nicht ohne Neid ist es auch, daß der Jurist immer wieder die Erfahrung macht, wie der Physiker, aber auch der Soziologe oder Volkswirt imstande ist, sich im Gespräch mit ausländischen Kollegen auf Grund einer allgemein akzeptierten Fachterminologie ohne Umschweife in die Erörterung schwieriger Sachfragen zu vertiefen, während sich umgekehrt Verständnislosigkeit breitmacht, sobald der deutsche Jurist seinem englischen Kollegen etwas über die Haftung wegen culpa in contrahendo oder der englische dem deutschen etwas über breach of contract oder über das life interest eines trust beneficiary mitzuteilen versucht. Damit mag es auch zusammenhängen, daß es zwar einen Nobelpreis für Volkswirtschaft, nicht aber einen Nobelpreis für Rechtswissenschaft gibt. Die Volkswirtschaft ist eine Disziplin, zu der zwar von Gelehrten britischer, französischer oder österreichischer Staatsangehörigkeit Beiträge geleistet werden, die aber doch als solche einen universalen Geltungsanspruch erheben darf, dies mit der Folge, daß hervorragende Leistungen wissenschaftlich arbeitender Ökonomen von Bedeutung für den Wissensstand der Menschheit als ganzer sind und aus diesem Grunde nobelpreiswürdig erscheinen können. Dem wissenschaftlichen Geschäft der Juristen hingegen haftet wegen seiner Verengung auf einen bloß nationalen Gegenstand von vornherein eine unvermeidliche Provinzialität, eine gewisse Kleinkariertheit, eine subalterne Beschränktheit an. Natürlich bestreitet niemand, daß sich ein Jurist große Verdienste erwerben kann, indem er eine „juristische Entdeckung“ macht, den Anstoß zu einer geglückten Rechtsfortbildung gibt oder als Dogmatiker zeigt, welches die durchlaufenden Gesichtspunkte und leitenden Hinsichten sind, nach denen sich ein bestimmter Bestand an Rechtsnormen widerspruchsfrei ordnen läßt und damit nicht nur für den juristischen Praktiker beherrschbar, sondern auch für den Professor lehrbar und für den Studenten lernbar wird. Aber es handelt sich hier in aller Regel eben doch nur um Verdienste von bloß „lokaler“ Bedeutung, um Verdienste nämlich, die der Jurist sich um die schweizerische oder um die belgische oder um eine bestimmte andere nationale Rechtsordnung erwirbt. Im Ausland gelten diese Verdienste nichts. Eine verbesserte Technik der Blinddarmoperation oder ein neues Verfahren der Beobachtung von Elementarteilchen kann man nach Frankreich oder England exportieren; den „Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte“, die „Lehre vom Schutzzweck der Norm“ oder die „Theorie der realen Verbandsperson“ hingegen nicht.

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