I.
Es versteht sich von selbst, daß die Amtshaftung als Haftung für Schäden, die der Staat durch die als seine Organe handelnden Menschen rechtswidrig verursacht, von der organisatorischen Gestalt eben dieses Staates bestimmt wird. Was Österreich anlangt, genügt es nicht, insofern nur die Bundesverfassung zu befragen. Denn die österr Bundesverfassung ist innerlich und äußerlich eine Ruine. Ihr Institutionengefüge entstammt der Dezemberverfassung 1867 der konstitutionellen Monarchie; ihr Text ist durch eine Unzahl unsystematischer Novellen und abseitiger Verfassungsnormen zu einem juristischen Irrgarten geworden; ihre „Baugesetze“ oder „Grundprinzipien“ sind von der gesellschaftlichen Wirklichkeit überspielt; politischsubstantielle Sanierungen bleiben aus; die Flucht in bloß formale Scheinreformen verschärft die Lage1). Nach dem Konzept der Bundesverfassung ist Österreich eine gewaltenteilende parlamentarische Demokratie, in der das Parlament die Regierung lenken und kontrollieren soll. In Wahrheit ist Österreich aber ein Parteien- und Verbändestaat, in dem die von der Mehrheitspartei gestellte Bundesregierung das Parlament bevormundet. Die Gesetzgebungsinitiative ist fast zur Gänze auf die Regierung übergegangen; sie steuert das Gesetzgebungsverfahren. Die Ministerverantwortlichkeit gehört zum toten Recht. In gleicher Weise dominieren die – freilich überwiegend nicht nur von der Mehrheitspartei beschickten – Landesregierungen die Landtage.