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Zur Haftung für culpa in contrahendo bei grundloser Ablehnung des Vertragsabschlusses

AufsätzeUniv.-Prof. Rolf OstheimJBl 1980, 570 Heft 21 und 22 v. 8.11.1980

b) Signifikante Fälle aus der deutschen Judikatur

Zur Abrundung noch einige Fälle aus der Judikatur des BGH bzw BAG:

Im Falle der Entscheidung vom 20.6.1952 (BGHZ 6, 330) ging es um den Pachtvertrag über einen Schrottlagerplatz. Nach Austausch von Vertragsentwürfen genehmigte die Stadtvertretung der beklagten Stadtgemeinde den letzten Entwurf mit einigen Einschränkungen zu Ungunsten des klagenden Schrotthandelsunternehmens. Gleichzeitig ermächtigte der Stadtrat den Stadtbaumeister, der Klägerin mitzuteilen, daß, falls sie diesen Einschränkungen zustimme, der Vertrag als zustandegekommen zu betrachten sei. Die Klägerin stimmte zu. Daraufhin wurde ihr die Bewilligung erteilt, das Pachtgelände schon vor der endgültigen Ausfertigung des Pachtvertrages zu benützen. Weiters erteilte die Beklagte die Zustimmung zur Durchführung einer Reparatur des Anschlußgleises durch die Klägerin, wobei sie selbst unterstützend tätig wurde. Als schließlich nach Ablauf von ca 1½ Jahren auch ein anderes großes Unternehmen für das Gelände Interesse zeigte, lehnte die Beklagte eine dem § 37 Abs 2 Deutsche Gemeindeordnung entsprechende Ausfertigung des Pachtvertrages und schließlich überhaupt die Verpachtung des Geländes an die Klägerin ab und begehrte Räumung. Der BGH gab der Klage dem Grunde nach statt73)73)Zwar seien gesetzliche Vorschriften, die für Willenserklärungen der öffentlich-rechtlichen Körperschaften besondere Anforderungen aufstellen, nicht nur reine Formvorschriften, vielmehr werde durch sie die Vertretungsmacht der für die Körperschaft handelnden Personen zum Schutz der Körperschaft materiell eingeschränkt. Dieser Schutz könne auch nicht damit umgangen werden, daß entweder unter Berufung auf Treu und Glauben die Wirkungen des Formverstoßes beseitigt oder im Wege des Verschuldens bei Vertragsabschluß das Erfüllungsinteresse verlangt werden könne. Hingegen liege kein hinreichender Grund vor, der öffentlich-rechtlichen Körperschaft jede Haftung für Verschulden beim Vertragsschluß zu ersparen. Diese Haftung entspringe einem gesetzlichen Schuldverhältnis, das mit der Aufnahme der Vertragsverhandlungen entstehe und zur verkehrsüblichen Sorgfalt im Verhalten gegenüber dem Geschäftsgegner verpflichte. Die bei den Verhandlungen abgegebenen Erklärungen seien somit keine solchen, aus denen die Gemeinde im Sinn des § 37 Abs 2 DGO verpflichtet werden solle. Die Haftung trete vielmehr unabhängig von einem auf sie gerichteten Willen der Gemeinde ein. Die Haftung sei dabei nicht nur auf Personen beschränkt, die den in Aussicht genommenen Vertrag für die Körperschaft wirksam hätten abschließen können, vielmehr genüge die Erteilung des Auftrages zu Vertragsverhandlungen. Durch die Mitteilung, der Vertrag sei als zustandegekommen zu betrachten, sei die Klägerin schuldhaft irregeführt worden, so daß sie ihren Vertrauensschaden ersetzt verlangen könne..

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