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Rechtsprobleme bei der Anrechnung im Erbrecht*)*)Dies ist die erweiterte Fassung eines Referats, das der Verfasser am 8.11.1979 im Privatissimum des Instituts für Zivilrecht an der Universität Wien gehalten hat. An dieser Stelle möchte ich Herrn Univ.-Prof. Dr. Rudolf Welser für seine besondere Hilfe, Frau Dr. Lilian Dörsek für zahlreiche Ratschläge sowie allen Diskussionsteilnehmern für viele Anregungen herzlich danken.

AufsätzeUniv.-Ass. Dr. Martin SchauerJBl 1980, 449 Heft 17 und 18 v. 6.9.1980

I. Zum Begriff der Anrechnung

Unter der Anrechnung im Erbrecht versteht man die Berücksichtigung einer Zuwendung aus dem Vermögen des Erblassers bei der Ermittlung des Erb- oder Pflichtteils1)1)Koziol–Welser5 II 293. Darüber hinaus ist die Anrechnung jetzt auch bei der Unterhaltsberechnung nach §§ 142, 796 von Bedeutung. Das Gesetz verwendet allerdings dort den Begriff des „Einrechnens“ (vgl auch unten IV.). Der zT geleugnete Unterschied zwischen Anrechnung und Einrechnung (Koziol–Welser5 II 294) ist wohl nur berechnungstechnischer Natur. Während bei der Einrechnung der einzurechnende Wert realiter im Nachlaß vorhanden ist und vom Erb- oder Pflichtteil bloß abgezogen wird, wurde bei der Anrechnung eine Zuwendung (Schenkung oder Vorempfang) schon vorweg gewährt, ist also beim Tod des Erblassers nicht mehr im Nachlaß. Dadurch wird zunächst – folgt man dem JB 114 – durch Hinzuschlagen der schon unter Lebenden gewährten Zuwendung jener Zustand hergestellt, als befände sich diese noch im Nachlaß. Der weitere Vorgang (Abziehen des Wertes der Zuwendung von Erb- oder Pflichtteil) deckt sich dann mit jenem – soeben geschilderten – der Einrechnung. Vgl auch sofort im Text.. Im einzelnen taucht sie in verschiedenen Varianten auf: Es gibt die Anrechnung einer letztwilligen Zuwendung – wie zB die Berücksichtigung eines Legats bei der Ermittlung des Pflichtteils (§ 787)2)2)Paragraphen ohne nähere Bezeichnung sind solche des ABGB. oder die Berücksichtigung einer erbvertraglichen Zuwendung bei der Ermittlung des gesetzlichen Ehegattenerbteils (§ 757 Abs 3) – und die Anrechnung von Zuwendungen, die der Erblasser unter Lebenden gemacht hat. Hier ist die Unterscheidung der Anrechnung auf den Erbteil von der Anrechnung auf den Pflichtteil besonders wichtig. Erstere soll eine gewisse Gleichbehandlung der Erben sicherstellen, es soll bei der Vermögensverteilung von Todes wegen auch ein Ausgleich der Zuwendungen unter Lebenden erfolgen3)3)Ehrenzweig2 II/2, 510; Koziol–Welser5 II 294.. Eine ähnliche Funktion erfüllt die Anrechnung beim Pflichtteil. Auch hier geht es primär um die gleichmäßige Behandlung der engeren Verwandten. Darüber hinaus kommt aber diese Anrechnung auch der Testierfreiheit des Erblassers zugute4)4)Koziol–Welser5 II 308.: Wer Vorempfänge erhalten hat, kann aus dem Titel der Pflichtteilsberechtigung weniger fordern, der Wert verbleibt daher dem eingesetzten Erben. Im Rahmen des Pflichtteilsrechts gibt es außerdem die Anrechnung von Schenkungen. Auch sie fördert die Gleichbehandlung der Noterben, wirkt aber vor allem der Pflichtteilsverkürzung durch den Erblasser entgegen5)5)Koziol–Welser5 II 309; vgl Ehrenzweig2 II/2, 593..

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