A. Welche Anforderungen sind grundsätzlich an die Strafrechtsanwendung zu stellen?
I. Allgemeines
1. Das Strafurteil als Konkretisierung einer "ausdrücklichen gesetzlichen Strafdrohung": das Begründungserfordernis
Aus der an die Spitze des StGB1) gestellten Regel läßt sich zunächst entnehmen, daß das Strafurteil die Konkretisierung2) einer (bestimmten) „ausdrücklichen gesetzlichen Strafdrohung“ darstellen soll. Das Gericht hat auszusprechen, die Tat, deren der Angeklagte für schuldig befunden wird, sei von dem Ausdruck umfaßt, den eine Regelungsidee (vor Begehung der Tat) in einem zur Sanktionsverhängung ermächtigenden Gesetz gefunden hat. Dies geschieht vorerst in der solennen Form des assertorisch gefaßten Urteilstenors3). Die intersubjektive Tragfähigkeit der vorgenommenen Annäherung von Norm und Fall herzustellen, ist Sache der Entscheidungsgründe. In diesen muß gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO ua „in gedrängter Darstellung, aber mit voller Bestimmtheit angegeben sein, ... von welchen Erwägungen er (sc der Gerichtshof) bei der Entscheidung der Rechtsfragen ... geleitet wurde“.