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Das Recht des redlichen Besitzers an den Früchten

AufsätzeUniv.-Prof. Dr. Peter ApathyJBl 1978, 517 Heft 19 und 20 v. 7.10.1978

I. Das Problem

„Dem redlichen Besitzer gehören alle aus der Sache entspringende Früchte, sobald sie von der Sache abgesondert worden sind ...“ (§ 330 ABGB). Diese Bestimmung will dem redlichen Besitzer nicht nur das Eigentumsrecht an den separierten Früchten zuerkennen, sondern ihn auch – zumindest nach den Vorstellungen der Verfasser des ABGB1)1)Zum Verhältnis zwischen den §§ 329 ff und § 1041 ABGB s. u. III 2 und 3. – Im weiteren sind §§ ohne nähere Bezeichnung solche des ABGB. – von jeder Ersatzpflicht freisprechen2)2)So auch ALR I 7 §§ 189 f; vgl. hingegen §§ 955, 988 BGB.. Damit erweist sich § 330 als ein Fremdkörper gegenüber den im Bereicherungsrecht entwickelten allgemeinen Grundsätzen3)3)Dazu Wilburg, Die Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung nach österreichischem und deutschem Recht (1934) 27 ff., werden doch einem anderen als dem Eigentümer der Muttersache die Früchte endgültig zugeordnet. Der redliche Besitzer erfährt diese Begünstigung, wenn er die Sache ohne Leistung des Eigentümers erhalten hat, insbesondere also in den Fällen (fehlgeschlagenen) gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten. Besitzt er sie hingegen infolge einer kondizierbaren Leistung des Eigentümers, so wendet die h. L. trotz § 1437 uneingeschränkt Bereicherungsrecht an – und § 330 bleibt außer Betracht4)4)Swoboda in Klang1 IV 461 m.w.N. in FN 149; nunmehr insbesondere Wilburg in Klang2 VI 474 f; Pisko-Gschnitzer in Klang2 VI 555; Bydlinski in Klang2 IV/2, 518 f; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts4 I (1976) 316 f. – A. M. Stubenrauch, Commentar zum österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches II (1903) 874; zwischen dem Fall des § 1431 und der Rückabwicklung nach §§ 921, 1435, 1447 differenzieren hingegen Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts2 II/1 (1928) 221, 739, 742 f; und Gschnitzer, Schuldrecht. Besonderer Teil und Schadenersatz (1963) 136; Ehrenzweig und Gschnitzer belassen dem redlichen Empfänger nur in den Fällen des § 1431 die Früchte und Nutzungen. Gegen diese Unterscheidung s. Bydlinski, aaO 518. – Wieder anders Zeiller, Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch IV (1813) 164 f, der – offenbar entsprechend der gemeinrechtlichen Tradition – den redlichen Empfänger für die „vollständig aufgezehrten Früchte“ nicht haften läßt. Im Falle einer Wandlung (§ 932) beläßt er allerdings dem Besitzer aufgrund seiner Redlichkeit die Nutzungen entsprechend § 330, was er mit einem Ausgleich für die Zinsen des Übernahmspreises rechtfertigt: Commentar III (1812) 138.. Es macht demnach für den redlichen Besitzer einen erheblichen – nur schwer zu rechtfertigenden – Unterschied, ob er vom Nichteigentümer oder vom Eigentümer erwirbt, ohne selbst Eigentümer zu werden. Dieser weitreichenden Beschränkung des Anwendungsbereiches von § 330 wurde vor kurzem von Spielbüchler5)5)Der Dritte im Schuldverhältnis (1973) 220. eine weitere hinzugefügt: In Fällen unentgeltlichen Erwerbs spricht er sich für einen Bereicherungsausgleich zwischen dem Eigentümer und dem redlichen Besitzer aus.

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