I. Das Problem
„Dem redlichen Besitzer gehören alle aus der Sache entspringende Früchte, sobald sie von der Sache abgesondert worden sind ...“ (§ 330 ABGB). Diese Bestimmung will dem redlichen Besitzer nicht nur das Eigentumsrecht an den separierten Früchten zuerkennen, sondern ihn auch – zumindest nach den Vorstellungen der Verfasser des ABGB1) – von jeder Ersatzpflicht freisprechen2). Damit erweist sich § 330 als ein Fremdkörper gegenüber den im Bereicherungsrecht entwickelten allgemeinen Grundsätzen3), werden doch einem anderen als dem Eigentümer der Muttersache die Früchte endgültig zugeordnet. Der redliche Besitzer erfährt diese Begünstigung, wenn er die Sache ohne Leistung des Eigentümers erhalten hat, insbesondere also in den Fällen (fehlgeschlagenen) gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten. Besitzt er sie hingegen infolge einer kondizierbaren Leistung des Eigentümers, so wendet die h. L. trotz § 1437 uneingeschränkt Bereicherungsrecht an – und § 330 bleibt außer Betracht4). Es macht demnach für den redlichen Besitzer einen erheblichen – nur schwer zu rechtfertigenden – Unterschied, ob er vom Nichteigentümer oder vom Eigentümer erwirbt, ohne selbst Eigentümer zu werden. Dieser weitreichenden Beschränkung des Anwendungsbereiches von § 330 wurde vor kurzem von Spielbüchler5) eine weitere hinzugefügt: In Fällen unentgeltlichen Erwerbs spricht er sich für einen Bereicherungsausgleich zwischen dem Eigentümer und dem redlichen Besitzer aus.