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Wegfall des Rechtsgrundes und Zweckverfehlung als Gründe der Kondiktion nach § 1435 ABGB

AufsätzeUniv.-Prof. Dr. Peter RummelJBl 1978, 449 Heft 17 und 18 v. 1.9.1978

I.

Die Rückforderung von Leistungen, die nicht im Rahmen eines „normalen“, wenngleich fehlgeschlagenen Synallagmas erfolgten, wegen Störungen in der Leistungsbeziehung macht Rechtsprechung und Lehre immer wieder Kopfzerbrechen. Während etwa die Rückabwicklung eines gewöhnlichen Kaufes nach Irrtumsanfechtung oder Rücktritt in Voraussetzungen und Rechtsfolgen einigermaßen überschaubar ist, bringt schon das Auftauchen einer dritten Person – z. B. beim Streckengeschäft – Schwierigkeiten mit sich, die mit dem geltenden ABGB kaum mehr zu bewältigen sind1)1)Vgl. zuletzt Koziol, Streckengeschäft und Anweisung, JBl 1977, 617 ff.. Hier sollen freilich nicht diese Fälle behandelt werden, sondern einige Abweichungen vom „normalen“ Synallagma im Zweipersonenverhältnis. Anlaß zur Untersuchung bot eine nähere Beschäftigung mit § 1435 ABGB. Die Bestimmung enthält bekanntlich eine Regelung der condictio causa finita, also eine Rückforderung von „Sachen, die als eine wahre Schuldigkeit gegeben worden sind, wenn der rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört hat“. Die Norm wird darüber hinaus allgemein analog auf Fälle angewendet, die man herkömmlich mit einem im übrigen eher dunklen Terminus als condictio causa data, causa non secuta2)2)Die Bezeichnung ist in dieser Form „offenbar sinnlos und, wie man vermutet, entstanden durch eine Verballhornung aus condictio, qua condicuntur ob causam data causa (Ablativ) non secuta“: Sohm-Mitteis-Wenger, Institutionen17 § 72, FN 5. (gelegentlich auch: condictio ob rem) bezeichnet3)3)Im BGB sind beide Rückforderungsgründe in § 812 Abs 1 Satz 2 ausformuliert: „Diese Verpflichtung (zur Herausgabe) besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt“. Daß trotz dieser Gründlichkeit die Streitfragen nicht weniger, sondern eher mehr geworden sind, ist weiter unten darzustellen.. Schon wenn man sich die Begriffsbestimmung bei Wilburg4)4)Wilburg in Klang2 VI 466. vor Augen hält, wird klar, daß eine scharfe Abgrenzung beider Kondiktionstypen keine leichte Aufgabe sein kann. Dort heißt es (und die Rechtsprechung übernimmt diese Formulierungen häufig), nachdem zunächst die Normalfälle des Wegfalls der Schuld beschrieben werden und diesen eine Rückforderung wegen „Wegfalles oder Nichteintrittes einer anderen Leistungsgrundlage“ zur Seite gestellt wird: „1. Causa finita ist in diesem Sinne nicht der Wegfall einer Schuld, sondern allgemein der Wegfall des Geschäftszweckes und weiterhin jener Umstände, die nach Interessenabwägung und nach dem Sinne des Geschäftes die Grundlage der Leistung bilden. 2. Die causa non secuta erscheint nach gleichen Gesichtspunkten als Nichteintritt des Geschäftserfolges oder in weiterem Sinne aller Umstände, die die Grundlage der Leistung sind.“ Das unterstellt also eine Dreiteilung: „Gewöhnliche“ causa finita wegen Wegfalles der Schuld; causa finita wegen Wegfalles einer sonstigen Leistungsgrundlage; causa non secuta wegen Nichteintritts einer erwarteten Entwicklung. Prüft man die folgenden Ausführungen Wilburgs und die Judikatur, so sind die aufzufindenden Sachverhalte freilich so verschieden, daß weitere Untergliederung theoretisch möglich und praktisch erforderlich scheint. Die folgende Falltypenschilderung verzichtet zunächst auf eingehende Nachweise; diese folgen unten zu III.

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