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Business Judgement Rule und Untreue

EditorialFriedrich RüfflerGES 2015, 261 Heft 6 v. 1.8.2015

Das Strafrechtsänderungsgesetz 2015 (BGBl I Nr 112/2015) hat uns auch eine Neufassung der Untreue und die Business Judgement Rule (BJR) gebracht (Inkrafttreten: 1.1.2016; vgl für die Untreue aber die Rückwirkung milderer oder entfallener Strafdrohung gem §§ 1 und 61 StGB). Ich denke, dass uns beides noch viel beschäftigen wird. Die BJR ist im Grunde vernünftig, wenngleich das, was jetzt festgeschrieben wurde, jedenfalls im Kern ohnedies schon der Rsp des OGH entsprach und bei Neuregelungen immer die Gefahr besteht, dass mit der einen oder anderen Formulierung unnötige Rechtsunsicherheiten entstehen. In Hinkunft sollen Geschäftsführer einer GmbH und Vorstandsmitglieder jedenfalls im Einklang mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters handeln, wenn sie sich bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lassen und auf der Grundlage angemessener Information annehmen dürfen, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (§ 25 Abs 1a GmbHG, § 84 Abs 1a AktG). Von der Formulierung der deutschen BJR unterscheidet sich diese Formulierung bewusst und gewollt (AB 728 BlgNR XXV. GP , 12). Es wurde nämlich auch die Voraussetzung aufgestellt, dass sich das Organ nicht von sachfremden Motiven leiten lassen darf. Freilich fordert man das als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal auch in Deutschland. Wenngleich man auf den ersten Blick annehmen würde, dass es geradezu selbstverständlich ist, dass sich ein Organmitglied nicht von sachfremden Motiven leiten lassen sollte, stecken Tücken oft im Detail, so zB bei Beurteilung der Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat zwischen Thesaurierung und Ausschüttung bei Feststellung des Jahresabschlusses, wenn sie von einer höheren Gewinnausschüttung entweder als Aktionäre oder über variable Gehaltsbestandteile profitieren. Verliert der Vorstand und Aufsichtsrat den „safe harbor“ (der die BJR nach den zitierten Materialien sein will), wenn und weil sie von einer hohen Ausschüttung selbst profitieren, weil man ihnen unterstellen könnte, deswegen sachfremde Motive gehabt zu haben? Richtigerweise sollte das verneint werden und zwar vor allem wegen der gem § 70 AktG mit zu berücksichtigenden Interessen der Aktionäre, die von einer hohen Gewinnausschüttung allemal profitieren, aber auch deswegen, weil die eigene Beteiligung kein sachfremdes Motiv begründet. Interessante Fragen wird aber das Tatbestandsmerkmal des sachfremden Motivs mE bei Mehrfachorganschaften im Konzern und dem Vorwurf aufwerfen, bei Entscheidungen Konzerninteressen über Interessen der Einzelgesellschaft gestellt zu haben.

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