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Gesellschaftsrecht und Strafrecht - auch eine schwierige Beziehung

EditorialFriedrich RüfflerGeS 2012, 269 Heft 6 v. 10.7.2012

Schon seit einiger Zeit sind die Zeitungen voll mit Berichten von Strafverfahren oder Ermittlungen gegen ehemalige Vorstandsmitglieder wegen Untreue (§ 153 StGB). Ein hoher Politiker ist wegen Anstiftung angeklagt. Dazu will ich nichts sagen, nicht zu konkreten Verfahren Stellung nehmen und auch nicht in eine heute häufige Schelte gegen Staatsanwaltschaften und Strafgerichte einstimmen. Aber die Entwicklung der letzten Jahre und gewiss ein Verfall von Anstand hat die Untreue in den Blickpunkt geholt und damit die Schwierigkeiten, die sie in der Anwendung bereitet. Diese resultieren daraus, dass sie wie wohl kein anderer Straftatbestand mit dem Zivilrecht verwoben ist. Denn sie setzt einen Befugnismissbrauch voraus und ob ein solcher vorliegt, beantwortet (fast) allein das Zivilrecht und, wenn es um die Untreue von Gesellschaftsorganen geht, das Gesellschaftsrecht. Und da das Gesellschaftsrecht im Hinblick auf die dogmatische Feinheit bekanntlich die Krone des Zivilrechts ist (oder vielleicht zumindest besonders kompliziert und verästelt ist), nimmt es nicht wunder, dass die praktische Handhabung und Anwendung der Untreue besonders schwierig ist. Dazu kommt, dass wegen der gesellschaftsrechtlichen Vorfrage die Strafrechtler mitunter Scheu vor der Behandlung der Untreue haben und die Gesellschaftsrechtler Angst vor einem Dilettieren im Strafrecht. Schwierige Fragen, die beide Rechtsbereiche berühren, betreffen zB die Wirkungen eines Einverständnisses der Gesellschafter oder was die Nichtigkeit des befugniswidrig abgeschlossenen Rechtsgeschäfts für die Strafbarkeit bedeutet (liegt dann noch ein Befugnismissbrauch vor, wo doch infolge der Nichtigkeit gar keine Befugnis mehr bestand? Liegt überhaupt ein Schaden vor?). Aber diesen Schwierigkeiten wird und sollte abgeholfen werden und das sichtbar zu machen, sollen diese Zeilen dienen. Zum einen ist jüngst eine hervorragende Monographie zu dem Thema erschienen: Nina Huber, Die Organuntreue zu Lasten von Kapitalgesellschaften (2012), in der die Autorin, ehemalige Assistentin des Strafrechtsinstituts der Wiener Universität, bemerkenswerte Kenntnis und Durchdringung des Zivil- und Gesellschaftsrechts zeigt (das Strafrecht kann sie sowieso). Aufsätze mehren sich, zB Artmann in Studiengesellschaft für Wirtschaft und Recht, Wirtschaftsstrafrecht, Toifl in Leitner, Verdeckte Gewinnausschüttungen, demnächst Plöckinger in der GES und Rüffler in einer noch streng geheimen Festschrift. Und am 30. November dieses Jahres wird sich der Unternehmensrechtstag der Walter Haslinger Privatstiftung in Linz unter dem gewiss reißerischen Titel "Mit einem Fuß im Kriminal - Organmitglieder im Zwiespalt" diesem Thema widmen. Das ist jetzt ein wenig Eigenwerbung, weil ich nicht nur dort gemeinsam mit Perron (Universität Freiburg) und Schmoller (Universität Salzburg) referieren werde, sondern auch die Ehre habe, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Walter Haslinger Privatstiftung zu sein (gemeinsam mit Rummel und Karollus). Und am Titel der Veranstaltung bin ich nicht schuld, ehrlich …

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