OGH 30.8.2022, 8 ObS 6/22y
§ 1 Abs 2 Z 1 und Abs 3 Z 2 IESG
Die Kl war ab dem 1.1.2019 als Produktionsangestellte bei der späteren Schuldnerin beschäftigt. Es war ein All-In-Gehalt (Fixum) von jährlich € 53.000,- brutto, monatlich daher € 3.785,71 brutto, vereinbart. Im Falle einer Kündigung war laut Dienstvertrag von beiden Vertragsparteien eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Letzten eines Monats einzuhalten. Die Kl arbeitete in der Prozessentwicklung, wobei Absprachen mit den Kunden über die individuellen Produktionsprozesse aufzusetzen waren. In ihrer Abteilung waren weitere fünf Mitarbeiter und ein Vorgesetzter beschäftigt. Im April 2019 kam es zu einem Wechsel der Geschäftsführung. In diesem Zusammenhang schloss die spätere Schuldnerin mit verschiedenen Mitarbeitern Vereinbarungen über "Bleibeprämien" in Höhe von 30 % des jährlichen Bruttogehalts, maximal aber € 9.300,- brutto. Als Voraussetzungen für die Auszahlung wurden das Vorliegen einer uneingeschränkten Betriebsbewilligung – erteilt durch die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) – sowie eine aktive Beschäftigung der Kl bis zum 31.3.2020 genannt. Die Zahlung erfolge als einmalige freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch für die Zukunft. Bei langen Abwesenheiten im Dienst sowie bei DG-Kündigung vor Ablauf der Wartezeit stehe die Prämie nur aliquot zu. Als Begründung für dieses Angebot wurde der Kl mitgeteilt, dass sie in einer Schlüsselposition gehalten werden solle. Gleichzeitig wolle man damit auch die Wertschätzung ihr gegenüber zum Ausdruck bringen. Da Kollegen gekündigt worden seien, werde auch mehr Arbeit auf sie zukommen. Die Kl unterfertigte das Angebot. Auch anderen Mitarbeitern wurde eine Bleibeprämie angeboten. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt nach dem 14.8.2019 wurde der Schuldnerin die uneingeschränkte Betriebsbewilligung erteilt. Die Kl hatte danach die gleiche Position inne, musste aber mehr Kunden betreuen und regelmäßig Überstunden leisten.

