War in vorindustriellen Gesellschaften die Zeiteinteilung noch überwiegend aufgabenorientiert, so änderte sich dies mit zunehmender Industrialisierung in zeitlich bemessene Arbeit. Sowohl im zünftlerischen Gewerbe des 17. und 18. Jahrhunderts, wie auch in der durch den Verlag organisierten Heimindustrie wurde nach der jeweiligen Nachfrage bzw den jeweiligen Aufträgen, wie auch nach den in unregelmäßigen Zeitabständen gelieferten Grundstoffen gearbeitet. Die Zeitbemessung an sich spielte kaum eine Rolle. Eine strikte Trennung in "Arbeitszeit" und "Freizeit" gab es vielfach nicht, zumal andere Tätigkeiten und häusliche Aufgaben ineinander übergingen. So etwa beschreibt E. T. Thompson den Alltag eines Webers (um 1782) und eines Töpfers (um 1830) mit einem Durcheinander an unterschiedlichen Tätigkeiten, einem unregelmäßigen, jedoch vielfach selbst bestimmten Arbeitsrhythmus: "Wo immer die Menschen ihren Arbeitsrhythmus selbst bestimmen konnten, bildete sich ein Wechsel von höchster Arbeitsintensität und Müßiggang heraus."1) Dies sollte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts mit der Beschäftigung von AN, darunter vor allem Kinder und Jugendliche, in den ersten größeren Fabriken grundlegend ändern. Im "Jahrhundert des Fleißes", wie Roman Sandgruber die Zeit von 1750 bis 1850 bezeichnet, sollten "durch institutionelle Reformen, die auf Disziplinierung der Gesellschaft, Förderung des Fleißes und Hebung der Erwerbsquote abzielten, (…) Produktionskraft, Steuervolumen und Wohlstand gesteigert werden, durch wirtschaftspolitische Verbesserungen und organisatorische Maßnahmen die Risken vermindert, die Produktivität gehoben und Innovationen angeregt werden."2) Nun kam es für die AN zu einer Trennung zwischen der dem AG zur Verfügung zu stellenden Zeit und den eigenen Bedürfnissen: "Nicht die Aufgabe, sondern der aufs Geld reduzierte Wert der Zeit wird entscheidend."3) Zeitökonomie und Disziplinierung wurden zu Kennzeichen des entstehenden Industriekapitalismus, über den Karl Marx ua feststellte: "Die kapitalistische Produktion, die wesentlich Produktion von Mehrwert, Einsaugung von Mehrarbeit ist, produziert also mit der Verlängerung des Arbeitstages nicht nur die Verkümmerung der menschlichen Arbeitskraft, welche ihrer normalen moralischen und physischen Entwicklungs- und Betätigungsbedingungen beraubt wird. Sie produziert die vorzeitige Erschöpfung und Abtötung der Arbeitskraft selbst. Sie verlängert die Produktionszeit des Arbeiters während eines gegebenen Termins durch Verkürzung seiner Lebenszeit."4) Die nachfolgenden Bemerkungen geben einen kurzen, prägnanten und doch beschränkten5) Überblick über den Arbeitszeitdiskurs in Österreich bis 1918.6)