Das Bundesgesetz vom 9.9.1955 über die allgemeine Sozialversicherung, BGBl 1955/189, war zweifellos ein ganz großer Wurf. Dass eine Gesamtregelung des Sozialversicherungsrechts tatsächlich gelingen würde, war keineswegs selbstverständlich. Zwar wurde schon im Motivenbericht zur Regierungsvorlage des SV-ÜG 1947 die Notwendigkeit einer grundlegenden Neuregelung des Sozialversicherungsrechts betont. Ursprünglich sollte dies aber in Etappen, also in mehreren aufeinanderfolgenden Gesetzen geschehen. Wie in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum ASVG (599 BlgNR 7. GP 1 f) ausgeführt wird, wurde aber gegen diese Vorgangsweise eingewendet, dass die verschiedenen Bereiche des Sozialversicherungsrechts so stark miteinander zusammenhängen, dass man etwa zum Beitragsrecht nicht Stellung nehmen könne, wenn das Leistungsrecht nicht bekannt ist. Im Übrigen sollte sich das ASVG auf eine Kodifikation des damals geltenden Rechts beschränken, ansonsten "wäre zu befürchten gewesen, dass das Hauptziel der Neuregelung des Sozialversicherungsrechtes, nämlich das derzeit bestehende Vorschriftenchaos durch eine einheitliche und übersichtliche Regelung zu ersetzen, in naher Zeit nicht zu erreichen gewesen wäre" (599 BlgNR 7. GP 2). Das ASVG sollte "in klarer und übersichtlicher Weise zusammenfassend dargestellt und an die österreichischen Verhältnisse angepasst werden. Hiebei soll die Zahl der einzelnen Bestimmungen gegenüber dem gegenwärtigen Stande wesentlich verringert werden" (599 BlgNR 7. GP 2).