Für den EuGH stellen jene Fälle, in denen die Marktprinzipien mit sozialstaatlichen Herzstücken wie der solidarischen Pflichtversicherung kollidieren, eine der delikatesten rechtspolitischen Abwägungsaufgaben dar. Der EuGH ist nicht zuletzt deswegen mit Kritik konfrontiert, weil er diese Kollision unterschiedlicher regulatorischer Prinzipien bisher ganz überwiegend aus der unternehmerischen Mobilitätsperspektive gelöst hat. In der Rs Kattner übertrug der EuGH den im Wettbewerbsrecht entwickelten "Solidaritätsgrundsatz" nun auf den Binnenmarktbereich. Dadurch ergibt sich die interessante dogmatische Perspektive, dass die Mitgliedstaaten selbst kontrollieren können, ob die Dienstleistungsfreiheit anzuwenden ist, und zwar je nachdem, ob sie ihren Sozialversicherungs-(SV-)bereich nach Markt- oder nach Solidaritätsprinzipien organisieren.