WIEN. "Die Strafprozessreform hat entscheidende Fortschritte gebracht. Aber es muss einem klar sein, dass sie auch viel mehr Aufwand erfordert, und den zu tragen muss man bereit sein." So fasst Univ.-Prof. Manfred Burgstaller, Doyen der österreichischen Strafrechtslehre, im Gespräch mit der "Presse" die Ergebnisse eines hochkarätig besetzten Expertenseminars zusammen. Auf Initiative des Präsidenten des Oberlandesgerichts Innsbruck, Walter Pilgermair, hatten sich 30 Vertreter der Gerichte, Staatsanwaltschaften, Anwälte, des Ministeriums und der Wissenschaft in Salzburg zusammengefunden, um eine Woche lang intensiv über die Auswirkungen der seit Anfang 2008 wirksamen StPO-Reform zu diskutieren. Auf der Habenseite der Bilanz stehen Verbesserungen bei der Regelung der Polizeiarbeit vor Strafprozessen und bei den Rechten von Beschuldigten und Opfern von Straftaten. Auf der anderen Seite: Die Systemumstellung, die Staatsanwaltschaft mit der Führung des Vorverfahrens zu betrauen, muss administrativ und personell noch verkraftet werden. Sonst droht die Reform im Papierkram stecken zu bleiben, der Eifer, den vor allem die Jungen bei Staatsanwaltschaft und Gericht zeigen, in Frustration umzuschlagen.

