Sabine Theresia Köszegi, Professorin für Arbeitswissenschaft und Organisation am Institut für Managementwissenschaften, über den AI-Act, die Sinnhaftigkeit und Durchschlagskraft derartiger Regelwerke und die Bedeutung von Selbstbindung an ethische Grundsätze.
"Der AI-Act ist ein guter Weg in die richtige Richtung"
THEMENSPECIAL - AI~Artificial IntelligenceKlaus HöflerCompliance Praxis 2024, 8 Heft 3 v. 2.9.2024
Inhalt
- Besteht nicht die Gefahr, ein klassisches Schicksal der Avantgarde zu erleiden: Die in der ersten Reihe gehen daran zugrunde. Im Fall der Künstlichen Intelligenz, indem man sich durch Selbstregulierung Nachteile für die Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb einhandelt.
- Dennoch: Sind die Bedenken und Ängste, die es in Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz gibt, berechtigt? Oder übertriebene Vorsicht?
- Der Gesetzgeber versucht, diese Ängste mit Reglementierungen wie dem AI-Act einzufangen. Kann das gelingen? Oder ist man nicht zu spät dran, weil einem die technologische Entwicklung wie ein Hund ohne Leine davonläuft?
- Geht diese Reglementierung tief genug oder ist sie nicht eher ein zahnloser Tiger?
- In der Wirtschaft existiert die Befürchtung, dass mit dem AI-Act ein Bürokratiemonster auf die Unternehmen zukommt, das die nächste Flut an Berichts- und Dokumentationspflichten und gegenseitigem Reporting auslöst.
- Ein AI-Act-zertifiziertes Produkt trocknet diese Fehlerquellen aus?
- Aber Medizinprodukte und deren Anwendung werden ja bereits zertifiziert.
- Welche?
- Sie bringen als Arbeitswissenschafterin eine humanzentrierte beziehungsweise ethische Perspektive ein. Ethik ist aber keine feste betriebswirtschaftliche Kenngröße. Woran messen Sie diese im Fall von KI-Technologie?
- Daten gelten generell als das Gold des 21. Jahrhunderts. Ist es ein Problem, dass viele der Daten in den Händen von wenigen Großkonzernen – noch dazu aus den USA – liegen? Ist damit nicht auch die Wirkkraft des AI-Acts beschnitten?
- De facto lauern in der täglichen Umsetzung von derartigen Wertekatastern aber überall Fallgruben, in die man fällt und Hürden, über die man nicht springen kann. Warum soll das bei so einem komplexen Thema wie der KI besser werden und die Umsetzung funktionieren?
- Aber hinkt nicht genau da die Reglementierung hinten nach? Deep Fake ist verboten – und kommt beispielsweise in Wahlkämpfen wohl zum Einsatz.
- Und wenn die Fake News auf professioneller Ebene fabriziert werden?
- Was sind demnach die Hausaufgaben, die es als Gesellschaft im Umgang mit KI zu tun gibt?
- Also ein bisschen mehr Vertrauen ins Wertegerüst?
- Aber besteht nicht die Gefahr, dass es zwar eine ideale Rechtsgrundlage gibt, die auch zur Anwendung kommt – es aber nur eine europäische Insellösung bleibt und rundherum Autokratien und Diktaturen ganz anders funktionieren und über die Globalisierung direkt nach Europa einwirken?
- Was braucht es, um zukunftsfit zu werden?
- Man gesteht der KI fast menschliche Züge zu. Ist das nicht befremdlich?
- Wie hätten Sie KI genannt?
- Das klingt aber weniger sexy.
- ZUR PERSON
