Nach zahlreichen Malversationen hat die Telekom Austria Group ab 2011 ihren Compliance-Bereich neu aufgestellt. Hannes Ametsreiter, Vorstandsvorsitzender des österreichischen Marktführers, sprach mit Compliance Praxis über schwierige Zeiten in der Vorstandsetage, sein Verständnis von Compliance und die Vorteile einer externen Prüfung des Compliance-Management-Systems.
"Kein kurzfristig erzielter Erfolg ist es wert, die Reputation aufs Spiel zu setzen"
Management & OrganisationCompliance Praxis 2014, 8 Heft 3 v. 1.9.2014
Inhalt
- Compliance Praxis: Herr Ametsreiter, die Telekom Austria stand in den letzten Jahren wegen der diversen bekannten Affären im Scheinwerferlicht medialer Aufmerksamkeit. Wie hat sich diese geballte Ladung negativer Publicity auf die Tätigkeit des Vorstands ausgewirkt?
- Welchen Einfluss hatten die laufenden Gerichtsverfahren auf das operative Geschäft, insbesondere in Österreich?
- ÖIAG-Vorstand Rudolf Kemler sagte, die Aufarbeitung der Malversationen sei jetzt endgültig abgeschlossen. Sind sie das? Sind keine neuen Enthüllungen mehr zu erwarten?
- Telekom Austria stellt an ehemalige Manager im Zusammenhang mit den Malversationen Schadenersatzansprüche in Höhe von 36,5 Mio. Euro. Geht es bei diesen Forderungen vorrangig ums Geld oder soll ein Signal nach außen gesendet werden?
- 2011 wurde die Compliance-Abteilung neu organisiert und ein konzernweites Compliance-Management-System (CMS) eingerichtet. Ihr Group Compliance Officer Martin Walter hat Compliance als Marketing der Rechtsabteilung bezeichnet. Was für ein Verständnis haben Sie von Compliance?
- Ein erklärtes Ziel des CMS lautet, dass Integrität gefördert werden solle. Was bedeutet der Wert Integrität konkret für das Agieren des Konzerns allgemein bzw jeden einzelnen Mitarbeiter im Besonderen?
- Die Telekom Austria Group (TAG) ist mit ihren Konzerngesellschaften in verstärkt korruptionsgefährdeten Regionen aktiv. So sagen beispielsweise 80 Prozent der befragten Manager in einer aktuellen Ernst & Young-Umfrage, in Slowenien, wo TAG mit Si.mobil vertreten ist, sei Korruption an der Tagesordnung. Welche Funktion soll Compliance bei Aktivitäten in korruptionsgefährdeten Regionen erfüllen?
- Im Rahmen des CMS wurde das anonyme Hinweisgebersystem tell.me eingerichtet. Gelangen dort abgegebene Hinweise bis auf die Vorstandsebene?
- Das CMS der Telekom Austria Group wurde von Wirtschaftsprüfern Ende 2013 als effektiv beurteilt. Es gab keine Verbesserungsvorschläge. Die Prüfer weisen aber darauf hin, dass auch ein wirksames CMS systemimmanente Grenzen habe und dass wesentliche Regelverstöße auftreten könnten, ohne verhindert oder aufgedeckt zu werden. Wären verbindlichere Aussagen nicht beruhigender für die Unternehmensführung?
- Kann der positive Prüfbericht zum CMS trotzdem Vorteile bringen, etwa in internationalen Geschäftsbeziehungen?
- In jüngster Zeit häufen sich Fälle von Konflikten börsennotierter Unternehmen mit den Aufsichtsbehörden. Schlagworte wie Insiderhandel oder Marktmanipulation stehen im Raum. Hinzu kommt eine Diskussion zur Anwendung des Untreue-Paragraphen. Wird in Österreich Konzern-Vorständen das Leben unnötig schwer gemacht?
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