Die Entgeltfortzahlungstatbestände bei Nichtzustandekommen der Arbeitsleistungen infolge der "Corona-Krise" sind sehr komplex ausgestaltet. Gerhartl gibt einen Überblick über die einschlägigen Szenarien, wobei auch die Theorie der neutralen Sphäre in die Betrachtungen miteinbezogen wird. Nach Ansicht des Autors zeigt sich am Beispiel COVID-19, dass die Theorie der neutralen Sphäre, die besagt, dass Umstände, die weder in die Sphäre des Arbeitgebers noch in jene des Arbeitnehmers fallen, keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung begründen, nicht leistungsfähig ist und daher aufgegeben werden sollte. Der Novellierung des § 1155 ABGB durch BGBl I 2020/16 (2.COVID-19-Gesetz) bedurfte es in erster Linie deshalb, um der neutralen Sphäre in Verbindung mit COVID-19 eine Absage zu erteilen. Wenn dies in Zusammenhang mit COVID-19 gilt, müsse es aber umso mehr in Zusammenhang mit anderen (geringfügigeren) allgemeinen Kalamitäten gelten. Nach Ansicht Gerhartls sollte die Theorie der neutralen Sphäre aufgegeben werden. Fragen der Entgeltfortzahlung bei Nichtzustandekommen der Arbeitsleistung lassen sich nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften lösen. Ist der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung bereit, gehört der Arbeitsausfall demnach in die Arbeitgebersphäre. Falls nicht, kommen die einschlägigen Entgeltfortzahlungsvorschriften, die an der Arbeitnehmersphäre ansetzen, zur Anwendung. Jede Erweiterung dieser Annahme (durch die Postulierung einer neutralen Sphäre) trage nur dazu bei, weitere Komplikationen zu verursachen.