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33.1.1.2 Jahresgutachten der FFG

BMF2023-0.871.81913.3.2024

Rz 8208j
Voraussetzung für die Gewährung einer Forschungsprämie für eine eigenbetriebliche Forschung und experimentelle Entwicklung ist für Wirtschaftsjahre, die 2012 oder in einem späteren Jahr beginnen, das Vorliegen eines (kostenlosen) Jahresgutachtens der FFG (§ 108c Abs. 7 und 8 EStG 1988 iVm § 4 der Forschungsprämienverordnung, BGBl. II Nr. 515/2012). In diesem beurteilt die FFG, ob die qualitativen Voraussetzungen für eine Forschung und experimentelle Entwicklung im Sinne des § 108c Abs. 2 Z 1 EStG 1988 vorliegen. Dazu muss der Steuerpflichtige oder sein steuerlicher Vertreter ein Jahresgutachten bei der FFG (ausschließlich) im Wege von FinanzOnline anfordern. In diesem ist die gesamte bemessungsgrundlagenrelevante Forschungstätigkeit des Wirtschaftsjahres, für das die Forschungsprämie beantragt wird, nach Forschungsprojekten bzw. Forschungsschwerpunkten gegliedert, darzustellen.

Rz 8208k
Das Jahresgutachten kann frühestens nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, aus dem für die Forschungsprämie relevante Aufwendungen resultieren, bei der FFG angefordert werden (§ 4 Abs. 2 der Forschungsprämienverordnung). Die Forschungsprämie kann ebenfalls nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, spätestens bis zur Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides geltend gemacht werden (§ 108c Abs. 3 EStG 1988).

Die Anforderung des Gutachtens bei der FFG einerseits und die Beantragung der Prämie beim Finanzamt (Formular E 108c) andererseits können zeitlich unabhängig voneinander erfolgen. Somit kann die Forschungsprämie (zur Wahrung der Frist für die Antragstellung) schon zeitlich vor Anforderung des Gutachtens beantragt werden. Die Entscheidung des Finanzamtes über die beantragte Forschungsprämie erfolgt stets auf Grundlage des Antrages und des Jahresgutachtens. Ein Jahresgutachten ist nur dann nicht erforderlich, wenn die gesamte Forschungstätigkeit des Wirtschaftsjahres von einer/mehreren Forschungsbestätigung(en) erfasst ist/sind.

Rz 8208l
Liegt für ein Forschungsprojekt bereits eine Forschungsbestätigung vor (§ 118a BAO, siehe dazu Rz 8208r), ist für die betroffenen Wirtschaftsjahre für das betroffene Forschungsprojekt keine neuerliche Begutachtung durch die FFG mehr erforderlich; dies gilt unter der Voraussetzung, dass die durchgeführte Forschung entsprechend der Beschreibung in der Forschungsbestätigung durchgeführt wurde oder davon nicht wesentlich abweicht. In diesem Fall genügt es, dass der Steuerpflichtige diese Tatsache glaubhaft machen kann und darauf bei Anforderung eines Jahresgutachtens (siehe Rz 8208m) oder Beantragung der Forschungsprämie hinweist.

Rz 8208m
Ist ungeachtet des Vorliegens einer/mehrerer Forschungsbestätigung(en) für das betreffende Wirtschaftsjahr dennoch ein Jahresgutachten erforderlich, weil nicht die gesamte bemessungsgrundlagenrelevante Forschung von der/den Forschungsbestätigung(en) erfasst ist, sind - neben den von der/den Forschungsbestätigung(en) nicht erfassten Forschungsprojekten/Forschungsschwerpunkten - auch die von der/den Forschungsbestätigung(en) erfassten Forschungsprojekt(e) in die Anforderung des Jahresgutachtens aufzunehmen; es erfolgt aber diesbezüglich - vorausgesetzt es besteht (wesentliche) Sachverhaltsidentität - keine neuerliche Begutachtung durch die FFG mehr. Das Jahresgutachten der FFG weist in diesem Fall somit die gesamte für die Prämie relevante Forschungstätigkeit aus und enthält begutachtete Forschungsprojekte/Forschungsschwerpunkte und jenes/jene nicht mehr begutachtete(n) Forschungsprojekt(e), für das/die eine Forschungsbestätigung vorliegt.

Rz 8208n
Weicht die Durchführung des Forschungsprojektes, für das eine Forschungsbestätigung vorliegt, wesentlich von der Beschreibung in der Forschungsbestätigung ab, entfaltet diese keine Bindungswirkung (mehr); in diesem Fall ist im Rahmen eines Jahresgutachtens eine neuerliche Begutachtung durch die FFG erforderlich.

Rz 8208o
Die FFG übt ihre gutachterliche Tätigkeit auf Grundlage des § 108c EStG 1988, des § 118a BAO und der Forschungsprämienverordnung, BGBl. II Nr. 515/2012, aus. Diese enthält unter Anderem detaillierte Bestimmungen über die verfahrenstechnische Abwicklung im Wege von FinanzOnline (siehe dazu insbesondere den 2. Abschnitt der Verordnung und deren Anhang III).

Das Gutachten ist vom Steuerpflichtigen oder seinem steuerlicher Vertreter bei der FFG (ausschließlich) im Wege von FinanzOnline anzufordern. Das fertiggestellte Gutachten der FFG wird dem zuständigen Finanzamt übermittelt und kann vom Steuerpflichtigen bzw. dessen steuerlichem Vertreter in FinanzOnline eingesehen werden. Der Steuerpflichtige und dessen steuerlicher Vertreter werden darüber von der FFG durch E-Mail verständigt. Eine papiermäßige Übermittlung des Gutachtens ist nicht erforderlich.

Rz 8208p
Die FFG beurteilt einen Forschungsschwerpunkt/ein Forschungsprojekt grundsätzlich nach den vom Steuerpflichtigen in der Anforderung des Gutachtens gemachten Angaben. In ihrem Gutachten gibt die FFG insbesondere hinsichtlich jedes einzelnen Forschungsprojektes/Forschungsschwerpunktes eine Beurteilung ab, inwieweit ein Forschungsschwerpunkt/Forschungsprojekt, aus dem für die Forschungsprämie maßgebliche Aufwendungen resultieren, unter Zugrundelegung der vom Steuerpflichtigen bekanntgegebenen Informationen die gesetzlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer prämienbegünstigten Forschung erfüllt. Sie trifft ihre Beurteilung insbesondere auf Grundlage der Forschungsprämienverordnung (siehe dazu den Anhang I, Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen) und des Frascati-Manuals der OECD.

Die FFG beurteilt nicht, ob die Angaben in der Gutachtensanforderung richtig sind, sie kann aber bei begründetem Verdacht auf Unrichtigkeit und Unvollständigkeit der ihr vom Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellten Informationen auf diesen Umstand ergänzend hinweisen.

Die FFG beurteilt auch nicht, ob die Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie richtig ermittelt worden ist. Dies obliegt ausschließlich der zuständigen Abgabenbehörde (zur Möglichkeit des Feststellungsbescheides siehe Rz 8208t ff).

Rz 8208q
Das Jahresgutachten der FFG stellt ein Beweismittel dar, das der freien Beweiswürdigung unterliegt und vom zuständigen Finanzamt vor Entscheidung über den Prämienantrag zu würdigen ist. Durch die prozentuelle Zuordnung der Bemessungsgrundlage zu den Forschungsprojekten/Forschungsschwerpunkten im Gutachten lässt sich der Bezug zum jeweiligen Forschungsprojekt/Forschungsschwerpunkt hinsichtlich des darauf entfallenden Teiles der Bemessungsgrundlage herstellen. Dies ist insbesondere für Fälle von Bedeutung, in denen dem Prämienantrag nach Würdigung des Gutachtens der FFG nicht vollinhaltlich stattgeben wird, weil ein/mehrere Forschungsprojekt(e)/Forschungsschwerpunkt(e) die Voraussetzungen für das Vorliegen einer prämienbegünstigten Forschung nicht (vollständig) erfüllt/erfüllen und die geltend gemachte Bemessungsgrundlage zu kürzen ist. In solchen Fällen ist vor Entscheidung über den Prämienantrag das Parteiengehör zu wahren. Beabsichtigt das Finanzamt, dem Prämienantrag in Würdigung des Gutachtens der FFG nicht vollinhaltlich stattzugeben, ist dies daher dem Steuerpflichtigen vorzuhalten und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Werden vom Steuerpflichtigen beim Finanzamt Einwände gegen das Gutachten erhoben, sind diese im Rahmen des Verfahrens vor dem Finanzamt zu behandeln. Für den Steuerpflichtigen ist es nicht möglich, für ein Wirtschaftsjahr, für das die FFG bereits ein Gutachten erstellt hat, bei dieser ein neuerliches Gutachten anzufordern (§ 3 Abs. 2 letzter Satz der Forschungsprämienverordnung, BGBl. II Nr. 515/2012). Das Finanzamt kann gegebenenfalls vor Entscheidung über den Prämienantrag oder in einem nachfolgenden Rechtsmittel- oder Betriebsprüfungsverfahren auf die fachliche Unterstützung durch die FFG zurückgreifen.

Die Forschungsprämie stellt eine abgabenrechtliche Begünstigung dar. In einem ausschließlich auf das Erwirken einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichteten Verfahren obliegt es dem Steuerpflichtigen selbst, einwandfrei das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (VwGH 25.6.2007, 2006/14/0050 u.v.a.). Diese erhöhte Mitwirkungspflicht findet ihren Ausfluss in einer Beweismittelbeschaffungs- und einer -vorsorgepflicht.

Die FFG hat ihre Expertise nur im Rahmen der ihr übermittelten Unterlagen abzugeben. Kommt sie aufgrund mangelnder Mitwirkung des Steuerpflichtigen (zB lückenhafte Fragenbeantwortungen) zum Schluss, dass sie keine Forschungs-und Entwicklungstätigkeit im Sinn des § 108c EStG 1988 erkennen kann, ist diese Beurteilung mit keiner Mangelhaftigkeit behaftet (BFG 8.7.2020, RV/7103521/2018).

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