Von einer Kürzung sind dem Grunde nach nur folgende Aufwandskategorien betroffen:
- Vorübergehende Bewirtschaftungserschwernis
- Erhöhte Schlägerungskosten
- Aufwand für Ersatzaufforstung oder für einen Notzaun
- Aufwand für Schadensbehebung an Anlagen im Zusammenhang mit der Leitung
- Verfahrenskosten, Rechtsvertretungskosten (Aufwandsersatz, Mühewaltung)
Eine Aufwandskürzung hat nur zu erfolgen, wenn derartige Mehraufwendungen im Rahmen der Vereinbarung mit dem Infrastrukturunternehmen betraglich ausdrücklich abgegolten werden. Der Aufwand ist grundsätzlich in der tatsächlich angefallenen Höhe auszuscheiden. Vereinfachend kann im Wirtschaftsjahr der Zahlung der Betrag als Kürzungsbetrag berücksichtigt werden, der vom Infrastrukturbetreiber als Abgeltungszahlung geleistet wird.
Beispiel:
A ist Einnahmen-Ausgaben-Rechner und erhält vom Infrastrukturbetreiber X 12.000 Euro aus Anlass der Einräumung eines Leitungsrechtes auf seinem Grundstück. Gemäß der Vereinbarung mit dem Infrastrukturbetreiber sind in dieser Zahlung betraglich enthalten:
- Abgeltung einer vorübergehenden Bewirtschaftungserschwernis: 200 Euro
- Abgeltung der Aufwendungen für Ersatzaufforstung: 1.000 Euro
- Abgeltung von Schäden an einem Waldweg: 500 Euro
X behält 1.200 Euro Abzugsteuer ein.
In der Veranlagung hat A folgende Möglichkeiten:
- Endbesteuerung mit der Abzugsteuer: Es erfolgt keine steuerliche Erfassung der Einkünfte aus der Einräumung des Leitungsrechtes in der Veranlagung. Bei Ermittlung des Gewinnes ist die Zahlung von 12.000 Euro nicht als Betriebseinnahme zu erfassen; Im Rahmen der Ermittlung der tarifsteuerpflichtigen Einkünfte sind die Aufwendungen um 1.700 Euro zu kürzen.
- Regelbesteuerung mit pauschaler Bemessungsgrundlage (33% des Nettoauszahlungsbetrages): Die dem § 107 EStG 1988 zuzuordnenden Einkünfte sind im Rahmen der Gewinnermittlung mit 3.960 Euro anzusetzen, die Abzugsteuer von 1.200 Euro ist anzurechnen. Im Rahmen der Ermittlung der tarifsteuerpflichtigen Einkünfte sind die Aufwendungen um 1.700 Euro zu kürzen.
- Regelbesteuerung mit nachgewiesener Bemessungsgrundlage: Es ist auf Grund eines Gutachtens nachzuweisen, wie hoch die steuerfreie Wertminderung ist. Der Rest der Zahlung ist steuerpflichtig.
32.7 Regelbesteuerung
Anstelle der Belastung mit der Abzugsteuer kann in der Veranlagung die Regelbesteuerung beantragt werden. Damit bleibt gewährleistet, dass die Einkünfte stets nach dem Einkommensteuertarif, aber auch nach den auf Basis eines Gutachtens dargelegten tatsächlichen Verhältnissen besteuert werden können, wenn dies vom Betroffenen gewünscht wird. Die Bemessungsgrundlage ist dabei (siehe auch Rz 5173):- 33% der Bemessungsgrundlage der Abzugsteuer als pauschale Bemessungsgrundlage.
- Die tatsächlich vom Steuerpflichtigen durch ein Gutachten nachzuweisende Bemessungsgrundlage. Das Gutachten hat der Steuerpflichtige vorzulegen. Anhang VI ist zu beachten.
Eine allfällige Neutralisierung von Aufwendungen (Rz 8207o) hat im Fall der Ausübung der Regelbesteuerungsoption zu erfolgen, wenn die pauschale Bemessungsgrundlage von 33% zur Anwendung kommt. Die 33% des Auszahlungsbetrages stellen die maßgebliche Höhe der Einkünfte dar, sodass ein zusätzlicher Abzug von Aufwendungen nicht mehr in Betracht kommt.
Auch bei Zuwendung eines geldwerten Vorteils (Sachbezuges) kann die Regelbesteuerung beantragt werden. Ein zugewendeter geldwerter Vorteil ist mit dem um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreis des Abgabeortes zu bewerten (§ 15 Abs. 1 EStG 1988). Wird die Abzugsteuer vom Infrastrukturbetreiber übernommen, ist die übernommene Abzugsteuer als zusätzlicher Vorteil im Rahmen der Veranlagung in der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen (siehe auch Rz 8207g).
32.8 Anrechnung der Abzugsteuer
Die entrichtete Abzugsteuer ist auf die Steuerschuld der davon erfassten Einkünfte anzurechnen. Erfolgt bei einem Bilanzierer die Entrichtung der Abzugsteuer nach Ablauf des Jahres, in dem die Einkünfte im Rahmen der Veranlagung zu erfassen sind, hat eine allfällige Steueranrechnung in der Veranlagung des Jahres zu erfolgen, dem die Einkünfte zuzurechnen sind.Beispiel 1:
Der zum 31.12. gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 bilanzierende Einzelunternehmer A räumt dem Infrastrukturbetreiber X auf seinem Betriebsgrundstück ein Leitungsrecht gegen ein Entgelt von 10.000 Euro ein. Der Vertragsabschluss erfolgt am 18.12.01, die Auszahlung am 12.1.02. Es werden 1.000 Euro Abzugsteuer einbehalten, die von X am 15.2.03 abgeführt werden.
Die Einkünfte aus der Einräumung des Leitungsrechtes sind dem Wirtschaftsjahr 01 zuzuordnen. Da die Einkünfte mit der Abzugsteuer abgegolten sind, bestehen für A folgende Möglichkeiten:
- 1. Inanspruchnahme der Abgeltungswirkung: Mit dem Einbehalt der Abzugsteuer sind die Einkünfte abgegolten und daher in der Gewinnermittlung des Wirtschaftsjahres 01 nicht zu erfassen.
- 2. Inanspruchnahme der Regelbesteuerung: Die Einkünfte sind in der Gewinnermittlung des Wirtschaftsjahres 01 entweder in Höhe von 3.300 Euro (33% von 10.000 Euro) oder in der nachgewiesenen Höhe zu erfassen. Die Abzugsteuer ist anzurechnen, sobald sie einbehalten wurde. Das ist am 12.1.02 der Fall.
Das gilt entsprechend, wenn die Abzugsteuer veranlagungspflichtige Einkünfte betrifft, die der Abzugsteuer noch nicht unterliegen. Das betrifft Einkünfte, die einem Wirtschaftsjahr zuzuordnen sind, das vor 2019 zu veranlagen ist. Die Anrechnung der Abzugsteuer in der Veranlagung des jeweiligen Jahres verhindert eine doppelte steuerliche Erfassung.
Beispiel 2:
Mit Vertrag vom 25.4.2017 hat der zum 31.12. gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 bilanzierende Einzelunternehmer B dem Infrastrukturbetreiber Y ein Leitungsrecht auf seinem Betriebsgrundstück gegen ein Entgelt von 27.000 Euro eingeräumt. Dieser Betrag ist jeweils zum 1.7.2017, zum 1.7.2018 und zum 1.7.2019 zu je einem Drittel zu entrichten.
Die Zahlung am 1.7.2019 in Höhe von 9.000 Euro unterliegt der Abzugsteuer (siehe Rz 8207r). Y behält 10% von 9.000 Euro (900 Euro) ein und zahlt 8.100 Euro aus. Am 15.2.2020 führt Y die für B einbehaltene Abzugsteuer an das Finanzamt ab.
B hat den Ertrag von 27.000 Euro abzüglich der steuerfreien Bodenwertminderung in der Gewinnermittlung 2017 erfasst. Der Einkommensteuerbescheid 2017 ist am 2.4.2018 ergangen und rechtskräftig geworden.
Die von der Teilzahlung 2019 einbehaltene Abzugsteuer ist nach der Einbehaltung auf die Einkommensteuer 2017 anzurechnen. Dafür kommt eine Bescheidänderung gemäß § 295a BAO in Betracht.
Ist der Ertrag aus dem Entgelt für die Einräumung des Leitungsrechtes passiv abzugrenzen (vgl. Rz 2404), hat die Anrechnung anteilig zu erfolgen.
Beispiel 3:
Die C-GmbH räumt dem Infrastrukturbetreiber Z auf ihrem Betriebsgrundstück auf unbestimmte Zeit ein Leitungsrecht gegen ein Entgelt von 80.000 Euro ein. Der Vertragsabschluss erfolgt am 10.3.01, die Auszahlung am 21.3.01. Es werden 7,5% von 80.000 Euro (6.000 Euro) an Abzugsteuer einbehalten, die von Z am 15.2.02 abgeführt werden.
Da die Einkünfte mit der Abzugsteuer abgegolten sind, bestehen für die C-GmbH folgende Möglichkeiten:
- 1. Inanspruchnahme der Abgeltungswirkung: Mit dem Einbehalt der Abzugsteuer sind die Einkünfte abgegolten und daher in der Gewinnermittlung des Wirtschaftsjahres 01 nicht zu erfassen.
- 2. Inanspruchnahme der Regelbesteuerung: Die Einkünfte sind in der Gewinnermittlung des Wirtschaftsjahres 01 entweder in Höhe von 3.300 Euro (33% von 10.000 Euro) oder in der nachgewiesenen Höhe zu erfassen. Die Abzugsteuer ist anzurechnen, sobald sie einbehalten wurde. Das ist am 12.1.02 der Fall.
- 1. Inanspruchnahme der Abgeltungswirkung: Mit dem Einbehalt der Abzugsteuer sind die Einkünfte abgegolten und daher in der Gewinnermittlung nicht zu erfassen.
- 2. Inanspruchnahme der Regelbesteuerung: Die Einkünfte sind in der Gewinnermittlung entweder in Höhe von 26.400 Euro (33% von 80.000 Euro) oder in der nachgewiesenen Höhe zu berücksichtigen. Da der Ertrag gemäß Rz 2404300 Euro (6.000 / 20) anzurechnen.