30.1.6.1 Ausübung
Ausgeübt wird eine Tätigkeit nach innerstaatlichem und OECD-konformen zwischenstaatlichen Recht an dem Ort, an dem der Arbeitnehmer bei dieser Tätigkeit tatsächlich anwesend ist. Unmaßgeblich ist im Allgemeinen die Ansässigkeit des Arbeitgebers. Eine Ausnahme gilt für unternehmensrechtliche Geschäftsführer und Vorstände von Kapitalgesellschaften im Abkommensverhältnis zu Deutschland; laut Art. 16 Abs. 2 DBA-Deutschland darf deren Tätigkeit vom Ansässigkeitsstaat der Kapitalgesellschaft besteuert werden.Die Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erfolgt bei Vorliegen eines DBA idR im Tätigkeitsstaat. Der Tätigkeitsstaat hat jedoch gemäß den dem Art. 15 Abs. 2 OECD-Musterabkommen nachgebildeten Bestimmungen kein Besteuerungsrecht, wenn sich der Steuerpflichtige im Tätigkeitsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage aufhält, außer die Vergütungen werden von einer im Tätigkeitsstaat befindlichen Betriebsstätte (festen Einrichtung) des Arbeitgebers getragen oder die Vergütungen werden von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt, der im Tätigkeitsstaat ansässig ist. Ob die 183 Tage Frist pro Kalenderjahr oder für eine mit der jeweiligen Einreise in den Tätigkeitsstaat beginnende 12-Monate-Periode zu berechnen ist, richtet sich nach den Bestimmungen des jeweiligen Abkommens (Einzelheiten zur Fristberechnung siehe Erlass AÖF Nr. 331/1991). Laut OECD-Musterkommentar wäre auf eine 12-monatige Periode abzustellen (siehe Rz 4 des OECD-Kommentars zu Art. 15).Für Grenzgänger sehen DBA vereinzelt (DBAs mit Deutschland, Italien, Liechtenstein) vor, dass deren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unabhängig von der Ausübung im Tätigkeitsstaat im Ansässigkeitsstaat besteuert werden. Soweit weder das DBA selbst noch eine Durchführungsregelung die für die Grenzgängereinstufung erforderlichen Merkmale eines grenznahen Wohnsitzes und eines grenznahen Arbeitsortes festlegen, sind alle Arbeitsorte noch als in Grenznähe gelegen anzusehen, die es unter Berücksichtigung der modernen Verkehrsverhältnisse erlauben, unter Zugrundelegung einer vertretbaren Wegzeit den Arbeitsort täglich vom Wohnsitz anzufahren.30.1.6.2 Verwertung
Die Vermutung spricht für eine Verwertung nichtselbständiger Arbeit im Inland, wenn von einem inländischen Arbeitgeber Arbeitslohn ins Ausland geleistet wird. Es ist jedoch zu prüfen, ob der Erfolg der Tätigkeit unmittelbar der inländischen Volkswirtschaft zu dienen bestimmt ist (VwGH 20.10.1982, 81/13/0083).Typisch für eine Verwertung von nichtselbständiger Arbeit im Inland ist die Tätigkeit der Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammer Österreich (VwGH 27.11.1968, 0889/67). Die ausschließlich im Ausland verrichtete, in der Mitwirkung beim Bau von Küstenschutzanlagen und Meereswasserentsalzungsanlagen bestehende Tätigkeit eines österreichischen Ingenieurs dient mit ihrem Erfolg der inländischen Volkswirtschaft auch dann nicht unmittelbar, wenn die ausländische Dienstgeberfirma eine Kapitalgesellschaft ist, deren Anteile sich im Eigentum einer inländischen Kapitalgesellschaft befinden (VwGH 15.4.1980, 2805/79). Eine unmittelbare Verwertung der Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer erfolgt in erster Linie durch den Arbeitgeber selbst, denn ihm schuldet der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft und ihm gegenüber erbringt der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung. Eine unmittelbare Verwertung im Inland liegt daher im Allgemeinen dann vor, wenn inländische Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer in das Ausland entsenden.Randzahl 7960: derzeit frei
30.1.6.3 Öffentliche Kassen
Öffentliche Kassen sind nur die Kassen von inländischen Gebietskörperschaften (VwGH 20.9.1983, 83/14/0002), wobei unmaßgeblich ist, ob das Dienstverhältnis im In- oder Ausland bestanden hat. Inländische Gebietskörperschaften sind der Bund, die Länder und die Gemeinden.Ist das anzuwendende DBA diesbezüglich dem Art. 19 OECD-Musterabkommen nachgebildet, so werden solche Einkünfte im Inland steuerlich erfasst, wenn es sich um Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen handelt, die von einer Gebietskörperschaft für die an sie geleisteten Dienste gezahlt werden, und die Dienste nicht im Rahmen einer Geschäftstätigkeit erbracht wurden. Anders verhält es sich, wenn die Dienste im anderen Vertragsstaat geleistet werden und der Einkünfteempfänger dort ansässig ist und entweder dessen Staatsangehöriger ist oder nicht ausschließlich deshalb dort ansässig geworden ist, um die Dienste zu leisten. Ruhegehälter, die nicht im Zusammenhang mit einer Geschäftstätigkeit stehen, werden im Quellenstaat steuerlich erfasst, ausgenommen der Bezieher ist im Vertragsstaat ansässig und dessen Staatsangehöriger.30.1.6.4 Unterbleiben der Erfassung
Eine Erfassung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit unterbleibt gemäß § 98 Abs. 1 Z 4 letzter Satz EStG 1988, wenn die Einkünfte wirtschaftlich bereits bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) erfasst wurden. Damit soll eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung in Fällen vermieden werden, in denen der zu besteuernde Arbeitslohn bei der Besteuerung des Gestellers, der im Inland (beschränkt steuerpflichtige) Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, keine Berücksichtigung als Aufwand bzw. Ausgabe gefunden hat.Beispiel:
Der in Österreich nicht ansässige Gesteller G, der in Österreich keine Betriebsstätte besitzt, gestellt fünf ebenfalls nicht ansässige Dienstnehmer an den österreichischen Gestellungsnehmer A, der diese im Inland zum Einsatz bringt. Der Gesteller G erzielt dadurch beschränkt steuerpflichtige Einkünfte gemäß § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988. Die Einkommensteuer ist durch Steuerabzug von 20% seiner Einnahmen abgegolten (§ 99 Abs. 1 Z 5 in Verbindung mit § 102 Abs. 1 Z 1 EStG 1988). Die Dienstnehmer erzielen beschränkt steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988). Die Erfassung dieser Einkünfte bei den Arbeitnehmern hat jedoch zu unterbleiben, weil sie wirtschaftlich bereits beim Gesteller G erfasst wurden.