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29.4 KESt-Abzug bei Depotübertragungen

BMF2023-0.871.81913.3.2024

Rz 7718
Nach § 27 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 werden die Entnahme und das sonstige Ausscheiden von Wertpapieren aus dem Depot als der Veräußerung im Sinne des § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 gleichgestellte steuerpflichtige Vorgänge normiert. Die Veräußerungsfiktion führt daher, wenn keine der Ausnahmen im Zusammenhang mit Depotübertragungen zur Anwendung kommt (siehe dazu ausführlich Abschnitt 20.2.2.5.3), zur Steuerpflicht des Entnahmevorgangs.

Die Besteuerung der Depotentnahme findet dabei durch Kapitalertragsteuerabzug statt. Die übertragende depotführende Stelle hat im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge - bei der Entnahme aus dem Depot ist das gemäß § 95 Abs. 3 Z 3 zweiter Teilstrich EStG 1988 der Entnahmezeitpunkt - die Kapitalertragsteuer einzubehalten. Die Bemessungsgrundlage ist dabei gemäß § 27a Abs. 3 Z 2 lit. b EStG 1988 der Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Entnahme und den Anschaffungskosten.

Rz 7719
Da aufgrund der Veräußerungsfiktion die für die Abfuhr der Kapitalertragsteuer notwendige - und aus verfassungsrechtlicher Sicht gebotene - Liquidität auf Seiten des Depotinhabers nicht in allen Fällen gegeben sein muss, sieht die Bestimmung des § 95 Abs. 3 Z 3 letzter Satz EStG 1988 ein Zurückbehaltungsrecht des Abzugsverpflichteten vor. Dieses Zurückbehaltungsrecht steht nur in jenen Fällen zu, in denen Wirtschaftsgüter und Derivate vom Abzugsverpflichteten herauszugeben sind, somit nur in den Fällen der Entnahme aus dem Depot.

Gemäß § 27 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 gelten die Entnahme und das sonstige Ausscheiden aus dem Depot als Veräußerung im Sinne des § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988. Die Abzugspflicht entsteht in diesen Fällen gemäß § 95 Abs. 3 EStG 1988 in Verbindung mit § 95 Abs. 3 Z 3 EStG 1988 im Zeitpunkt des Zuflusses, somit des tatsächlichen Ausscheidens aus dem Depot. Solange sich die betroffenen Wertpapiere auf dem Depot befinden, wird der Tatbestand der Depotentnahme daher nicht erfüllt, womit es weder zu einem fiktiven Zufluss von Erträgen, noch zu einer daran knüpfenden Abzugsverpflichtung kommt.

Rz 7720
Die Wirkung des Zurückbehaltungsrechts ist daher weder die Schaffung eines entsprechenden Haftungsfonds für Abgabenschulden des Depotinhabers noch die Schaffung von Liquidität, sondern die Verhinderung der Erfüllung des steuerpflichtigen Entnahmetatbestandes: Solange die depotführende Stelle die entsprechenden Wertpapiere nicht ausfolgt oder überträgt, findet auch keine Depotentnahme statt. Ohne Depotentnahme trifft die depotführende Stelle auch keine Abzugsverpflichtung, womit weder eine Liquiditätslücke eintreten kann noch Risiken und Kosten der Verwertung vorhanden sind.

Die depotführende Stelle kann die herauszugebenden Wertpapiere so lange zurückbehalten, bis der Depotinhaber die voraussichtlich anfallende Kapitalertragsteuer zur Verfügung stellt. Die depotführende Stelle hat somit vor der Ausfolgung oder Übertragung zu beurteilen, in welcher Höhe die Steuerschuld voraussichtlich entstehen wird. Dabei ist der (bis zur tatsächlichen Entnahme zu adaptierende) gemeine Wert den steuerlichen Anschaffungskosten gegenüberzustellen.

Beispiel 1:

A möchte sich die auf seinem Depot verwahrten Aktien ausfolgen lassen. Die Anschaffungskosten der Aktien betragen 100, der gemeine Wert (Kurswert) beträgt 120. Auf dem Verrechnungskonto des A befindet sich ein Guthaben von 2.

Die depotführende Stelle muss im Zeitpunkt der Ausfolgung KESt in Höhe von 5,5 (27,5% von 20) abziehen. Da A lediglich über ein Guthaben von 2 verfügt, ist die depotführende Stelle berechtigt, die Ausfolgung bis zum Ersatz des fehlenden KESt-Betrages in Höhe von 3,5 zurückzubehalten.

Rz 7720a
Wird bei einer Entnahme aus dem Depot Kapitalertragsteuer abgezogen, hat der Abzugsverpflichtete dem Depotinhaber eine Bestätigung gemäß § 96 Abs. 4 EStG 1988 auszustellen. Der gemeine Wert im Zeitpunkt der Entnahme gilt zukünftig als Anschaffungskosten der betreffenden Wertpapiere.

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