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26a Steuerfestsetzung bei Schulderlass in einem Insolvenzverfahren (§ 36 EStG 1988)

BMF2023-0.871.81913.3.2024

26a.1 Allgemeines

Rz 7269
In den in § 36 Abs. 2 EStG 1988 genannten Fällen von Schulderlässen hat eine Steuerfestsetzung in Höhe der auf die nachgelassene Quote entfallenden Einkommensteuer zu unterbleiben.

Rz 7269a
Für die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 36 EStG 1988 besteht kein Unterschied, ob es sich um einen Bilanzierer oder einen Einnahmen-Ausgaben-Rechner handelt. Wird eine Betriebsschuld aus betrieblichen Gründen erlassen, ist der wegfallende Betrag bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung in allen Fällen - somit auch dann, wenn er eine Warenschuld oder eine Verbindlichkeit, die Betriebsausgaben betrifft - der Begünstigung des § 36 EStG 1988 insoweit zugänglich, als der Betrag des Schuldnachlasses im Betriebsgewinn gedeckt ist.

In Bezug auf den Nachlass einer Warenschuld wirkt sich allerdings die Begünstigung in zeitlicher Hinsicht beim Einnahmen-Ausgaben-Rechner auf Grund der unterschiedlichen Gewinnermittlungstechnik anders als beim Bilanzierer aus: Bei diesem führt der Nachlass einer Warenschuld im Jahr des Verbindlichkeitswegfalles zum begünstigten Ertrag, während sich bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung die Gewinnerhöhung durch den ungekürzten Veräußerungserlös (ohne Berücksichtigung eines Wareneinsatzes) im Wirtschaftsjahr des Zuflusses auswirkt. Dementsprechend ist bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung der Teil des Veräußerungserlöses, der dem Betrag des Schuldnachlasses entspricht, im Wirtschaftsjahr des Zuflusses des Veräußerungserlöses nach § 36 EStG 1988 begünstigt. Sollte dieser Zufluss zum Zeitpunkt des Schuldnachlasses bereits erfolgt und in einem rechtskräftig veranlagten Jahr berücksichtigt worden sein, ist der spätere Nachlass als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO zu werten, das eine Korrektur der Veranlagung des betreffenden Jahres ermöglicht.

Betrifft der Schulderlass eine Betriebsausgabe ist § 36 EStG 1988 unabhängig von der Gewinnermittlungsart im Jahr des Schuldnachlasses anwendbar. § 36 EStG 1988 ist allerdings - für Bilanzierer und Einnahmen-Ausgaben-Rechner gleichermaßen - nur insoweit anwendbar, als nach Vornahme des horizontalen und vertikalen Verlustausgleichs positive betriebliche Einkünfte ("Gewinne" iSd § 36 EStG 1988) und letztlich ein positives Einkommen verbleiben (vgl. Rz 154 und zB VwGH 24.02.2011, 2011/15/0035).

Rz 7270
Betroffen sind Gewinne, die entstanden sind aus

  1. 1. der Erfüllung eines Sanierungsplanes im Sinne der §§ 140 bis 158 der Insolvenzordnung oder einer vergleichbaren außergerichtlichen Sanierung (ab der Veranlagung 2021; siehe dazu Rz 7271) oder durch
  2. 2. die Erfüllung eines Zahlungsplanes (§§ 193 ff der Insolvenzordnung) oder durch Erteilung einer Restschuldbefreiung nach Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens (§§ 199 ff der Insolvenzordnung).

Bei Erfüllung eines Sanierungsplanes oder eines Zahlungsplanes entsteht der Gewinn mit Erfüllung der Sanierungsquote bzw. nach Maßgabe der Ratenzahlungen.

Die Schuld ist erst auszubuchen, wenn die Sanierungsquote vollständig beglichen wurde; bei Nichterfüllung leben die Schulden wieder voll auf (VwGH 24.5.1993, 92/15/0041); die Sicherstellung durch eine Bankgarantie kann die Quotenerfüllung nicht ersetzen.

Beim Abschöpfungsverfahren mit Restschuldbefreiung entsteht der Gewinn mit Erteilung der Restschuldbefreiung.

Auch Nachlässe betrieblicher Verbindlichkeiten, die im Rahmen eines so genannten Privatkonkurses (§§ 181 ff der Insolvenzordnung) eintreten, sind begünstigt (§ 36 Abs. 2 Z 3 EStG 1988). In Betracht kommt der Wegfall betrieblicher Schulden im Rahmen eines Zahlungsplanes (§§ 193 bis 198 der Insolvenzordnung) oder der Wegfall betrieblicher Schulden im Rahmen eines Abschöpfungsverfahrens (§§ 199 ff der Insolvenzordnung). Der Zahlungsplan ist eine Sonderform des Sanierungsplanes ohne zahlenmäßig fixierte Mindestquote. Das Abschöpfungsverfahren kann vom Schuldner eingeleitet werden, wenn ein Zahlungsplan gescheitert ist. Beim Abschöpfungsverfahren mit Abschöpfungsplan tritt der Schuldner das pfändbare Einkommen an einen Treuhänder für einen Zeitraum von fünf Jahren ab. Beim verkürzten Abschöpfungsverfahren mit Tilgungsplan beträgt dieser Zeitraum lediglich drei Jahre. Nach Ende der Laufzeit der Abtretungserklärung hat das Gericht das Abschöpfungsverfahren für beendet zu erklären und eine sog. Restschuldbefreiung zu erteilen.

Rz 7271
Ab der Veranlagung 2021 erfasst § 36 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 auch Gewinne durch Erfüllung eines Zahlungsplanes im Rahmen einer außergerichtlichen Sanierung, wenn diese einer gerichtlichen Sanierung gemäß §§ 140 bis 156 der Insolvenzordnung vergleichbar ist.

Inhaltlich werden dadurch sämtliche Gewinne aus einem Schulderlass, die durch Gläubigerverzichte im Rahmen eines geordneten und strukturierten Sanierungsprozesses erzielt werden, unabhängig davon gleich behandelt, ob es sich um eine gerichtliche Sanierung gemäß §§ 140 bis 156 der Insolvenzordnung oder eine vergleichbare außergerichtliche Sanierung handelt. Damit fallen auch Sanierungen im Rahmen eines (gerichtlich geführten) Restrukturierungsverfahrens gemäß §§ 1 ff Restrukturierungsordnung (ReO), BGBl. I Nr. 147/2021, unter die Neuregelung.

Von einer Vergleichbarkeit mit einer gerichtlichen Sanierung gemäß §§ 140 bis 156 der Insolvenzordnung wird insbesondere dann auszugehen sein, wenn Gläubiger, die zumindest 50% des Gesamtobligos (§ 224 Abs. 3 C UGB) vertreten, an der (außergerichtlichen) Sanierung teilnehmen. Auf die Anzahl der Gläubiger kommt es nicht an. Zum Gesamtobligo gemäß § 224 Abs. 3 C UGB zählen sämtliche Verbindlichkeiten (Anleihen, Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen, Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel und der Ausstellung eigener Wechsel, Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen, Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, und sonstige Verbindlichkeiten), nicht jedoch Rückstellungen und passive Rechnungsabgrenzungsposten.

Zur Möglichkeit, bei einem außergerichtlichen Schulderlass bis zur Veranlagung 2020 gemäß § 206 BAO in einer dem § 36 EStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 227/2021 vergleichbaren Weise von der Abgabenfestsetzung Abstand zu nehmen, siehe Rz 7272.

Rz 7271a
Zum Sanierungsgewinn bei Kommanditgesellschaften siehe Rz 5994a und bei stillen Gesellschaften siehe Rz 5908a (bei gerichtlichem Ausgleich oder Erfüllung eines Sanierungsplanes) bzw. Rz 5994b (bei Konkurs).

26a.2 Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung gemäß § 206 BAO (bis zur Veranlagung 2020)

Rz 7272
Die Abgabenbehörden sind gemäß § 206 BAO bis zur Veranlagung 2020 befugt, bei Schuldnachlässen im Rahmen eines außergerichtlichen Ausgleichs von der Abgabenfestsetzung in einer dem § 36 EStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 227/2021 vergleichbaren Weise Abstand zu nehmen (zur Anwendung von § 36 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 227/2021 auf einen außergerichtlichen Ausgleich siehe Rz 7271); dies setzt voraus, dass der Schuldnachlass die Voraussetzungen eines Sanierungsgewinnes erfüllt, wobei es aber auf die Betriebsfortführung nicht ankommt. Dabei wird allerdings darauf Bedacht zu nehmen sein, inwieweit die dem Schuldnachlass zu Grunde liegende wirtschaftliche Situation auf unangemessen hohe Entnahmen zurückzuführen ist bzw. inwieweit sich die zum Schuldnachlass Anlass gebenden Verluste bereits steuerlich ausgewirkt haben.

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