19.5.4.10.1 Persönlich unbeschränkt haftender Gesellschafter
Der persönlich unbeschränkt haftende Gesellschafter (das sind Gesellschafter einer OG oder GesBR, Komplementäre einer KG) hat grundsätzlich sein negatives Kapitalkonto bei Ausscheiden aus der Gesellschaft auszugleichen. Dieser Ausgleich kann erfolgen durch- Ausgleichszahlungen an die Mitgesellschafter,
- Verrechnung mit den auf seinem Gesellschaftsanteil ruhenden stillen Reserven und Firmenwert,
- Beteiligung an der Tilgung von Gesellschaftsschulden.
Beispiel:
Die Bilanz der AB-OHG hat folgendes Aussehen:
Aktiva | Passiva | ||||
Buchwert | Teilwert | Buchwert | Teilwert | ||
Anlagevermögen | 800.000 | 1.600.000 | Verbindlichkeiten | 1.500.000 | 1.500.000 |
Umlaufvermögen | 500.000 | 500.000 | Kapital A | 100.000 | 500.000 |
Kapital B | 300.000 | Kapital B | 100.000 | ||
Summe | 1.600.000 | 2.100.000 | Summe | 1.600.000 | 2.100.000 |
B scheidet aus und verkauft seinen Anteil um 100.000 S an den neu eintretenden C (keine Veräußerungskosten).
Veräußerungsgewinn des B: | Kaufpreis | 100.000 |
negatives Kapital | 300.000 | |
Veräußerungsgewinn | 400.000 |
19.5.4.10.2 Beschränkt haftender Gesellschafter
Der beschränkt haftende Gesellschafter (idR Kommanditist oder unecht stiller Gesellschafter) hat das negative Kapitalkonto grundsätzlich nicht aufzufüllen. Übersteigen die stillen Reserven und der Firmenwert das negative Kapitalkonto, ist der Veräußerungsgewinn wie unter Rz 5989 ff dargestellt zu ermitteln.Ist dies nicht der Fall, ist grundsätzlich ein Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos anzusetzen. Der Erwerber (Alt- oder Neugesellschafter) hat die anteiligen stillen Reserven samt Firmenwert zu aktivieren; die Differenz zum übernommenen und fortzuführenden negativen Kapitalkonto ist kein Erwerbsverlust, sondern in Form eines Ausgleichs-(Korrektur-)Postens zu aktivieren, der gegen künftige Gewinnanteile des Erwerbers erfolgsmindernd aufzulösen ist.Bei Betriebsaufgabe einer KG oder unechten stillen Gesellschaft hat der beschränkt haftende Mitunternehmer mit negativem Kapitalkonto in Höhe der Nichtauffüllungsverpflichtung einen Aufgabegewinn zu versteuern. Weil aber in diesem Fall endgültig feststeht, dass der Komplementär den Verlust zu tragen hat, ist ihm der Verlust in gleicher Höhe mit steuerrechtlicher Wirkung zuzurechnen (Verminderung seines Aufgabegewinnes oder Erhöhung seines Aufgabeverlustes).
Zum Kapitalkonto im steuerlichen Sinn zählt auch das Kapital in Sonderbilanzen (siehe Rz 5992). Ist dieses negativ, ist dieser Teil eines negativen Kapitalkontos von der Nachversteuerung gemäß § 24 Abs. 2 EStG 1988 aber nicht erfasst, weil diese Verluste vom Gesellschafter auch im Falle des Ausscheidens aus der Gesellschaft persönlich zu tragen sind.
Bei einer KG führt die Eröffnung des Konkurses sowie die rechtskräftige Nichteröffnung oder Aufhebung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens zur Auflösung der Gesellschaft (§ 131 Z 3 iVm § 161 Abs. 2 UGB). Die Auflösung der Gesellschaft bewirkt allerdings noch nicht das Ende der Gesellschaft, sie ist vielmehr abzuwickeln bzw. zu liquidieren. Solange die KG nicht abgewickelt ist, besteht sie unternehmensrechtlich fort. Im Unterschied zur stillen Gesellschaft (siehe Rz 5994b) lässt die Konkurseröffnung bzw. die Nichteröffnung mangels kostendeckenden Vermögens eine KG als Mitunternehmerschaft nicht untergehen (VwGH 22.11.2012, 2010/15/0026). Eine nach Konkurseröffnung bzw. Nichteröffnung mangels kostendeckenden Vermögens abzuwickelnde Personengesellschaft ist ertragsteuerlich grundsätzlich wie eine werbende Gesellschaft zu behandeln. Dementsprechend hat bei den Gesellschaftern die Erfassung eines Veräußerungsgewinnes nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuergesetzes zu erfolgen. Die Erfassung des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 hat daher zu erfolgen:Variante 1:
Wird im Rahmen des Konkurses bzw. nach einer rechtskräftigen Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse die KG abgewickelt und stellt die Abwicklung eine Betriebsaufgabe gemäß § 24 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 dar, hat die Erfassung des Veräußerungsgewinnes in dem Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem die Aufgabehandlungen so weit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb der KG die wesentlichen Grundlagen entzogen sind (vgl. VwGH 16.12.2009, 2007/15/0121). Sollte die Abwicklung keine Betriebsaufgabe iSd § 24 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 darstellen, ist für die Erfassung des Veräußerungsgewinnes iSd § 24 Abs. 2 EStG 1988 der Zeitpunkt der Verteilung des Massevermögens maßgebend, da es jedenfalls damit zur Beendigung der Mitunternehmerschaft kommt (vgl. VwGH 21.02.1996, 94/14/0160).
Variante 2:
Im Konkursverfahren wird ein Sanierungsplan nach der Insolvenzordnung erfüllt. Da die Konkurseröffnung den Bestand der Mitunternehmerschaft nicht berührt, ist der Gewinn aus der Erfüllung des Sanierungsplanes anteilig den Gesellschaftern, somit auch dem Kommanditisten zuzurechnen.
Nach § 185 Abs. 2 UGB wird eine stille Gesellschaft durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst. Dieser Auflösungsgrund kann nicht abbedungen werden. Mangels gesellschaftsrechtlicher Grundlage erlischt die stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft mit der Konkurseröffnung über das Vermögen des Unternehmers, der Zeitpunkt der Leistung der Abschichtungszahlung ist unbeachtlich (VwGH 22.11.2012, 2010/15/0026). Dies gilt auch bei Vorliegen eines anderen Auflösungsgrundes nach § 185 Abs. 1 UGB (VwGH 22.11.2012, 2010/15/0026). Demnach endet die stille Gesellschaft dann, wenn die Erreichung des vereinbarten Zweckes unmöglich ist. Die stille Gesellschaft endet auch, wenn ein Insolvenzverfahren über den Unternehmensinhaber rechtskräftig mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet wird.Da die Mitunternehmerschaft somit mit Konkurseröffnung bzw. mit der rechtskräftigen Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse erlischt, hat zu diesem Zeitpunkt die Versteuerung der negativen Kapitalkonten der atypisch stillen Gesellschafter zu erfolgen (UFS 03.02.2011, RV/3852-W/10). Nach Konkurseröffnung eintretende Änderungen im Vermögensstand des Geschäftsinhabers haben keine Auswirkungen mehr auf den stillen Gesellschafter. Maßgebender Stichtag für die Auseinandersetzung ist der Auflösungsstichtag, das ist der Tag der Konkurseröffnung über den Unternehmer. Ein Gewinn aus dem Schuldnachlass ist daher nur dem Unternehmer zuzurechnen, nur er kann die Begünstigung des § 36 EStG 1988 in Anspruch nehmen (anders im Falle eines Schuldnachlasses im Rahmen der Erfüllung eines Sanierungsplanes nach der Insolvenzordnung, siehe Rz 5908a).
Eine Fortsetzung einer bereits (durch Konkurs) aufgelösten stillen Gesellschaft ist nicht möglich; es ist vielmehr ein neuer Gesellschaftsvertrag zu schließen, der mit dem ursprünglichen Vertrag ident sein kann bzw. die ursprünglichen Gesellschafter so stellen kann, als hätte die stille Gesellschaft fortdauernd bestanden.Der Vereinbarung, die stille Gesellschaft "fortsetzen" zu wollen, kann angesichts der rechtlichen Tatsache, dass eine stille Gesellschaft während des Bestandes eines Konkursverfahrens nicht existieren kann, nur die Wirkung beigemessen werden, dass nach Konkursaufhebung eine neue stille Gesellschaft errichtet werden soll. Da die Gesellschaftsgründung keine rückwirkende Kraft entfalten kann, ist auch in diesem Fall der Gewinn aus dem Schuldnachlass nur dem Unternehmer zuzurechnen.