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19.5.4.10 Negatives Kapitalkonto

BMF2023-0.871.81913.3.2024

Rz 5987
Gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 ist der Betrag des negativen Kapitalkontos, soweit er nicht aufgefüllt werden muss, jedenfalls als Veräußerungsgewinn bei Ausscheiden des Gesellschafters anzusetzen, und zwar unabhängig von eventuellen Haftungsbeschränkungen des Zivilrechts. Eine spätere Entlassung aus der Auffüllungsverpflichtung führt erst zu diesem Zeitpunkt zu nachträglichen Einkünften gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 (VwGH 03.09.2008, 2006/13/0167).

Rz 5988
Scheidet der Gesellschafter ohne Zahlungen aus und übersteigen die auf seinen Mitunternehmeranteil entfallenden stillen Reserven samt Firmenwert das negative Kapitalkonto, liegt grundsätzlich eine unentgeltliche Übertragung vor (VwGH 2.12.1987, 87/13/0061; VwGH 27.5.1998, 94/13/0084).

19.5.4.10.1 Persönlich unbeschränkt haftender Gesellschafter

Rz 5989
Der persönlich unbeschränkt haftende Gesellschafter (das sind Gesellschafter einer OG oder GesBR, Komplementäre einer KG) hat grundsätzlich sein negatives Kapitalkonto bei Ausscheiden aus der Gesellschaft auszugleichen. Dieser Ausgleich kann erfolgen durch

Rz 5990
Übersteigen die stillen Reserven und der Firmenwert insgesamt den Betrag des negativen Kapitalkontos, ergibt sich ein positiver Verkaufspreis. Der Veräußerungsgewinn besteht aus der Summe des negativen Kapitals und des Kaufpreises für den Gesellschaftsanteil abzüglich den Veräußerungskosten.

Beispiel:

Die Bilanz der AB-OHG hat folgendes Aussehen:

 

Aktiva

 

Passiva

Buchwert

Teilwert

Buchwert

Teilwert

Anlagevermögen

800.000

1.600.000

Verbindlichkeiten

1.500.000

1.500.000

Umlaufvermögen

500.000

500.000

Kapital A

100.000

500.000

Kapital B

300.000

 

Kapital B

 

100.000

Summe

1.600.000

2.100.000

Summe

1.600.000

2.100.000

B scheidet aus und verkauft seinen Anteil um 100.000 S an den neu eintretenden C (keine Veräußerungskosten).

Veräußerungsgewinn des B:

Kaufpreis

100.000

 

negatives Kapital

300.000

 

Veräußerungsgewinn

400.000

Rz 5991
Übersteigen die stillen Reserven und der Firmenwert den Betrag des negativen Kapitalkontos nicht, besteht insoweit eine Auffüllungsverpflichtung des ausscheidenden Gesellschafters. Ein Veräußerungsgewinn entsteht in Höhe der stillen Reserven zuzüglich des Firmenwertes. Wird auf die Auffüllung aus betrieblichen Gründen verzichtet, entsteht ein Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos (außer der ausscheidende Gesellschafter muss mit der Inanspruchnahme durch Gesellschaftsgläubiger rechnen). Einkünfte aus einem späteren Verzicht sind gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 als nachträgliche betriebliche Einkünfte zu berücksichtigen. Tritt beim ausscheidenden Gesellschafter Gewinnverwirklichung ein, wird er aber später wider Erwarten von Gesellschaftsgläubigern in Anspruch genommen, kann für ihn ein Verlust insoweit entstehen, als keine durchsetzbaren Ausgleichsforderungen gegenüber den anderen Gesellschaftern bestehen. Dieser Verlust ist im Rahmen des § 32 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 im Jahr der Inanspruchnahme zu berücksichtigen (vgl. VwGH 04.02.2009, 2006/15/0151).

Rz 5992
Das negative Kapitalkonto ist im steuerrechtlichen Sinne zu verstehen. Auszugehen ist vom gesamten steuerlichen Eigenkapital (Kapitalanteil in der Gesellschaftsbilanz zuzüglich Kapital in Sonder- und Ergänzungsbilanzen nach eventueller Auflösung von Rücklagen und Rückstellungen zu Gunsten des laufenden Gewinnes).

19.5.4.10.2 Beschränkt haftender Gesellschafter

Rz 5993
Der beschränkt haftende Gesellschafter (idR Kommanditist oder unecht stiller Gesellschafter) hat das negative Kapitalkonto grundsätzlich nicht aufzufüllen. Übersteigen die stillen Reserven und der Firmenwert das negative Kapitalkonto, ist der Veräußerungsgewinn wie unter Rz 5989 ff dargestellt zu ermitteln.

Rz 5994
Ist dies nicht der Fall, ist grundsätzlich ein Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos anzusetzen. Der Erwerber (Alt- oder Neugesellschafter) hat die anteiligen stillen Reserven samt Firmenwert zu aktivieren; die Differenz zum übernommenen und fortzuführenden negativen Kapitalkonto ist kein Erwerbsverlust, sondern in Form eines Ausgleichs-(Korrektur-)Postens zu aktivieren, der gegen künftige Gewinnanteile des Erwerbers erfolgsmindernd aufzulösen ist.

Bei Betriebsaufgabe einer KG oder unechten stillen Gesellschaft hat der beschränkt haftende Mitunternehmer mit negativem Kapitalkonto in Höhe der Nichtauffüllungsverpflichtung einen Aufgabegewinn zu versteuern. Weil aber in diesem Fall endgültig feststeht, dass der Komplementär den Verlust zu tragen hat, ist ihm der Verlust in gleicher Höhe mit steuerrechtlicher Wirkung zuzurechnen (Verminderung seines Aufgabegewinnes oder Erhöhung seines Aufgabeverlustes).

Zum Kapitalkonto im steuerlichen Sinn zählt auch das Kapital in Sonderbilanzen (siehe Rz 5992). Ist dieses negativ, ist dieser Teil eines negativen Kapitalkontos von der Nachversteuerung gemäß § 24 Abs. 2 EStG 1988 aber nicht erfasst, weil diese Verluste vom Gesellschafter auch im Falle des Ausscheidens aus der Gesellschaft persönlich zu tragen sind.

Rz 5994a
Bei einer KG führt die Eröffnung des Konkurses sowie die rechtskräftige Nichteröffnung oder Aufhebung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens zur Auflösung der Gesellschaft (§ 131 Z 3 iVm § 161 Abs. 2 UGB). Die Auflösung der Gesellschaft bewirkt allerdings noch nicht das Ende der Gesellschaft, sie ist vielmehr abzuwickeln bzw. zu liquidieren. Solange die KG nicht abgewickelt ist, besteht sie unternehmensrechtlich fort. Im Unterschied zur stillen Gesellschaft (siehe Rz 5994b) lässt die Konkurseröffnung bzw. die Nichteröffnung mangels kostendeckenden Vermögens eine KG als Mitunternehmerschaft nicht untergehen (VwGH 22.11.2012, 2010/15/0026). Eine nach Konkurseröffnung bzw. Nichteröffnung mangels kostendeckenden Vermögens abzuwickelnde Personengesellschaft ist ertragsteuerlich grundsätzlich wie eine werbende Gesellschaft zu behandeln. Dementsprechend hat bei den Gesellschaftern die Erfassung eines Veräußerungsgewinnes nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuergesetzes zu erfolgen. Die Erfassung des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 hat daher zu erfolgen:

Variante 1:

Wird im Rahmen des Konkurses bzw. nach einer rechtskräftigen Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse die KG abgewickelt und stellt die Abwicklung eine Betriebsaufgabe gemäß § 24 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 dar, hat die Erfassung des Veräußerungsgewinnes in dem Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem die Aufgabehandlungen so weit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb der KG die wesentlichen Grundlagen entzogen sind (vgl. VwGH 16.12.2009, 2007/15/0121). Sollte die Abwicklung keine Betriebsaufgabe iSd § 24 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 darstellen, ist für die Erfassung des Veräußerungsgewinnes iSd § 24 Abs. 2 EStG 1988 der Zeitpunkt der Verteilung des Massevermögens maßgebend, da es jedenfalls damit zur Beendigung der Mitunternehmerschaft kommt (vgl. VwGH 21.02.1996, 94/14/0160).

Variante 2:

Im Konkursverfahren wird ein Sanierungsplan nach der Insolvenzordnung erfüllt. Da die Konkurseröffnung den Bestand der Mitunternehmerschaft nicht berührt, ist der Gewinn aus der Erfüllung des Sanierungsplanes anteilig den Gesellschaftern, somit auch dem Kommanditisten zuzurechnen.

Rz 5994b
Nach § 185 Abs. 2 UGB wird eine stille Gesellschaft durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst. Dieser Auflösungsgrund kann nicht abbedungen werden. Mangels gesellschaftsrechtlicher Grundlage erlischt die stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft mit der Konkurseröffnung über das Vermögen des Unternehmers, der Zeitpunkt der Leistung der Abschichtungszahlung ist unbeachtlich (VwGH 22.11.2012, 2010/15/0026). Dies gilt auch bei Vorliegen eines anderen Auflösungsgrundes nach § 185 Abs. 1 UGB (VwGH 22.11.2012, 2010/15/0026). Demnach endet die stille Gesellschaft dann, wenn die Erreichung des vereinbarten Zweckes unmöglich ist. Die stille Gesellschaft endet auch, wenn ein Insolvenzverfahren über den Unternehmensinhaber rechtskräftig mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet wird.

Da die Mitunternehmerschaft somit mit Konkurseröffnung bzw. mit der rechtskräftigen Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse erlischt, hat zu diesem Zeitpunkt die Versteuerung der negativen Kapitalkonten der atypisch stillen Gesellschafter zu erfolgen (UFS 03.02.2011, RV/3852-W/10). Nach Konkurseröffnung eintretende Änderungen im Vermögensstand des Geschäftsinhabers haben keine Auswirkungen mehr auf den stillen Gesellschafter. Maßgebender Stichtag für die Auseinandersetzung ist der Auflösungsstichtag, das ist der Tag der Konkurseröffnung über den Unternehmer. Ein Gewinn aus dem Schuldnachlass ist daher nur dem Unternehmer zuzurechnen, nur er kann die Begünstigung des § 36 EStG 1988 in Anspruch nehmen (anders im Falle eines Schuldnachlasses im Rahmen der Erfüllung eines Sanierungsplanes nach der Insolvenzordnung, siehe Rz 5908a).

Rz 5994c
Eine Fortsetzung einer bereits (durch Konkurs) aufgelösten stillen Gesellschaft ist nicht möglich; es ist vielmehr ein neuer Gesellschaftsvertrag zu schließen, der mit dem ursprünglichen Vertrag ident sein kann bzw. die ursprünglichen Gesellschafter so stellen kann, als hätte die stille Gesellschaft fortdauernd bestanden.

Der Vereinbarung, die stille Gesellschaft "fortsetzen" zu wollen, kann angesichts der rechtlichen Tatsache, dass eine stille Gesellschaft während des Bestandes eines Konkursverfahrens nicht existieren kann, nur die Wirkung beigemessen werden, dass nach Konkursaufhebung eine neue stille Gesellschaft errichtet werden soll. Da die Gesellschaftsgründung keine rückwirkende Kraft entfalten kann, ist auch in diesem Fall der Gewinn aus dem Schuldnachlass nur dem Unternehmer zuzurechnen.

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